Das Inselteam, das gemeinsam seit vielen Jahren (meist) auf Inseln gelegene Ferienhäuser ausprobiert, war Anfang Mai auf Rügen.
Nach unserem erfolgreichen Versuch, mit Bahn und Rad auf Amrum Urlaub zu machen, waren wir nun auf Rügen – unser Teil des Inselteams wieder mit Bahn und Rad, der andere Teil ist mit dem Auto angereist.
Der nördliche Teil von Rügen (Wittow, das ein bißchen aussieht, wie der Kopf vom Alien) hat allerdings keine Eisenbahn. Wir haben geplant, von Lietzow aus nach Breege zu radeln, allerdings fuhr der geplante Zug einfach nicht, wir sind dann von Bergen aus geradelt, statt 26 dann 36km.
Falls Ihr mal sehr früh einen Zug mit Fahrradticket bucht, und Euch die Bahn irgendwann mitteilt, dass Eure Verbindung nicht mehr funktioniert, und ihr umbuchen sollt:
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- Das geht nicht so ohne weiteres mit einer Fahrradreservierung, dafür muss man bei einer speziellen Nummer (030 2970) anrufen, und dort gerät man unter Umständen trotzdem an inkompetente Leute und man muss sich dann leider zur Schichtleitung hochbrüllen. Ärgerlich, Bahn.
- Prüft erstmal, ob sich in zeitlicher Nähe zur alten, eigentlich gebuchten Verbindung ein Zug findet, der die gleiche Zugnummer hat – die Reservierungen sind an die Zugnummer gebunden, die gelten also auch in diesem Zug, selbst wenn er nun zu leicht anderen Zeiten fährt.
- die restlichen hässlichen Details erspare ich euch.
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Wir sind von Bergen aus durch einen blühenden Märchenwald gefahren:
Leider war später, auf der von mir geplanten Strecke die Wegbeschaffenheit teilweise sehr sandig und/oder wurzelig (schlechter, als aus den OSM-Daten ersichtlich), sodass vor allem Nadja Probleme hatte, mit dem voll bepackten Rad da gut durchzukommen. Alternativ hätte es natürlich einen Fahrradweg entlang der B gegeben, aber das nervt aus anderen Gründen (Frost- und Wurzelaufbrüche galore, Autolärm).
Unser Ferienhaus ist teil eines Ferienhausrudels in ähnlicher Bauweise (relativ neu, mit Reetdach) in Breege, direkt am Bodden.
Unterwegs auf Rügen
In den nächsten Tagen haben wir uns natürlich etwas umgesehen, so waren wir latürnich am Kap Anakonda (wir haben gelernt, dass man auch total ironiefrei von ’nach Askona fahren‘ sprechen darf) und in Vitt (ein ‚Fischer’dorf an der Nordostküste) zum Kuchen essen.
Wir haben immer genug Wege und auch Strassen gefunden, die wir einigermaßen auto- und stressfrei befahren konnten – alleine der Radweg entlang der B an der Schaabe – die schmale Verbindung von Wittow mit dem Rest Rügens – ist nur mittel gut befahrbar und müsste echt mal ne neue Decke bekommen.
Baumwipfelpfad
In der Nähe von Prora gibt es einen Baumwipfelpfad, also einen Weg durch einen Wald auf Wipfelhöhe der dort stehenden Bäume.
Der ganze Pfad ist so angelegt, dass man ihn auch im Rolli befahren kann, am Anfang gibt es sowas ähnliches wie eine Parkhausauffahrtsspirale, nur eben mit einer Steigung, die ein Rolli hochgeschoben werden kann.
Der ganze Pfad schwankt leicht hin- und her, das merkt man vor allem, wenn man mal stehen bleibt.
Als Höhepunkt gibt es eine weitere Spirale, die bis über die Wipfelhöhe hinausführt und einen großartigen Blick über die Insel ermöglicht.
Auf dem Pfad kann man ne Menge über Eiszeiten, Tiere im Wald und die Entstehung von Rügen lernen, es gibt auch noch eine Ausstellung, die erschien uns aber etwas ohne roten Faden.
Am gleichen Tag waren wir auch noch kurz in Prora selbst, dass durch den gigantomanischen, ursprünglich 4,5km langen Kraft-durch-Freude-Nazi-Seebad-Bau bekannt ist.
Von der Landseite wird einem der Wahnsinn nicht mehr so bewußt wie in den 90igern, da vor und hinter dem Gebäude blickgnädige Kiefernwälder wachsen, die die Gesamtausmaße ganz gut verdecken.
Von der Seeseite – vom Wasser aus, in einiger Entfernung – wird einem die Größe der Anlage jedenfalls sehr viel bewußter, weil man das Gebäude komplett sehen kann.
Ein Teil der Anlage verfällt, in einem Teil sind Ferienwohnungen, eine Jugendherberge und weitere Nutzung(sversuche).
Königsstuhl / Stubbenkammer
Rügen ist vor allem bekannt für seine Kreidefelsen, und obwohl das Kap Arkona an der Nordost-Ecke Rügens auch aus Kreidefelsen und Steilküste besteht, sind die Kreidefelsen am Königsstuhl im Nationalpark Jasmund am spektakulärsten und seit der Romantik mit ihrer nahezu religiösen Naturverehrung am bekanntesten. Da mussten wir also hin, und dahin sind wir dann auch wieder mit dem Rad gefahren, das sind gut 23km, nach einer langen flachen Strecke geht es irgendwann nur noch bergauf. Da bin ich dann doch etwas neidisch auf Nadjas Stromrad gewesen.
Der Nationalpark ist autofrei, es gibt ein paar große Parkplätze an den Aussengrenzen, von denen aus Busse zum Nationalparkzentrum fahren (man kann natürlich auch 3km laufen). Der Fahrradverkehr ist auch ganz gut vom Fussverkehr getrennt, da hat sich jemand nen Kopf gemacht.
Das Nationalparkzentrum besteht aus einem Museum mit Souveniershop und Ausflugslokal und dem nagelneuen Skywalk. Früher konnte man direkt auf den Königsstuhl laufen, aber die Kreide verändert sich, es stürzen immer wieder größere Teile der Kreidefelsen ab, und um die Belastung und Gefährdung gering zu halten, kann man nun auf einer elipsenförmigen Hängebrücke über die Schlucht und den Königsstuhl laufen und hinab gucken.
Das Museum lohnt sich aus unserer Sicht, weil es individuelle Audioguides bereit hält, die einen durch die Erdzeitalter, Eiszeiten, Pflanzen- und Tierwelt bis ins Heute führen. Für Kinder gibt es eine parallele Tour, die ganz andere Schwerpunkte setzt.
Auf dem Rückweg geht es erstmal hauptsächlich bergab, diesmal folgen wir einem der ausgeschilderten Radwege.
Wittower Nordwesten
Ich bin auch noch mal alleine, etwas zügiger unterwegs gewesen und habe an einem sonnigen Abend den Nordwesten von Wittow, die Steilküste, den Sand und die Rapsblüte genossen.
Essen und Trinken
Wir waren ein paar Mal essen, und hatten auch ein paar Mal Fischbrötchen so zwischen durch, und natürlich auch Kaffee und Kuchen.
Die Preise sind durchgehend eher hoch und der Service und die Qualität sehr unterschiedlich und spiegeln sich nicht im aufgerufenen Preis wieder. Zwei Stück Großbäckerei-Blechkuchen (siehe Bild oben) plus Tee/Kaffee 14 Euro im Selfservice ist schon ne Ansage, vor allem, wenn man sich beim Bestellen wie ein Bittsteller, der aus Versehen ein Gespräch der Angestellten unterbricht und nicht wie ein Kunde vorkommt.
Nix gegen Großbäckerei-Blechkuchen – der war lecker, es geht mir um den Service, den ich bei so einem hohen Preis erwarte, und der nicht vorhanden war 🙂
Gleichzeitig schaffen es die, die wirklich guten Service bieten, es nicht, entsprechend einen höheren Preis aufzurufen. Ich nehme an, weil das Preisniveau schon echt hoch ist. Das ist ein bißchen schade.
Selbstredend ist der Fisch überall als fangfrisch und direkt vom Kutter-Kurt (persönlich bekannt und im Beisein einer Bezugsperson geschlachtet) deklariert – was mal abgesehen vom heimischen Hornhecht (der uns aber nur einmal angeboten wurde) einfach grundsätzlich nicht stimmt. Und ich finde, es wäre auch kein Problem, das zuzugeben. Aber vielleicht wollen die meisten Touris das ja wirklich hören.
Bei Fischbrötchen das gleiche. Wir hatten epische, aber auch matschige mit eingelegtem Sauergemüse dabei – immer zum gleichen Preis.
Sonstiges
Die Tradition verlangt es:
Nadja hat einiges gemalt, ich hab vor allem gelesen und in der Gegend rumgestanden.
Es war insgesamt eher kühl und die ganze Zeit ziemlich windig, und auf dem
Rückweg
hat es tatsächlich fies gestürmt und geregnet. Wir sind mit den Rädern zurück nach Lietzow gefahren und sind dabei ganz schön nass geworden.
In Lietzow waren wir viel zu früh für unseren Zug und es gab auf dem Bahnhof (naja, Bahnsteig trifft es eher) nix zum windgeschützten Unterstellen. Auf Nachfrage bei der netten Schaffnerin des Gegenzuges durften wir schon in den Zug, der zu dem Zeitpunkt noch in die falsche Richtung fuhr, einsteigen und bis zur Endstation mitfahren – vielen Dank dafür!
Ab Stralsund sind wir dann ICE gefahren, allerdings ist das Fahrrad’abteil‘ dort so beknackt designed, dass keines unserer Räder (ziemlich unterschiedlicher Bauart) in die vorgesehenen zwei höheren (2 von 3) Halter gepasst hat. Ich würde wirklich gerne wissen, mit welchem Musterrad die Spezialexperten das vorher ausprobiert haben.
Insgesamt hat sich die Art der An- und Abfahrt mit Bahn und Rad aber für uns bewährt – für eine Woche bekommen wir genug Zeug transportiert, dass es auch noch für Malzeug und je einen Computer reicht, und vor Ort sind wir dann einfach mobil.
Ich mecker ja immer gerne über die Bahn, aber das ist ja auch schon das Komplettpaket mit Spiel, Spaß, Spannung für sagenhafte 36 € (mit Rad und größtenteils ICE) pro Richtung – das ist selbst mit einem eigenen, abgeschriebenen Auto schwierig.
Unsere Radstrecken auf Komoot: