Archiv für den Monat: Oktober 2021

Sturm und Flexibilität

Wir haben Urlaub. In einem Ferienhaus in der Nähe von Dagebüll (von wo aus die Fähren nach Amrum/Föhr und Halligen fahren).

Ich hab geplant, mit dem Rad (und einer Übernachtung) hinzufahren, aber gestern und heute haben sich Ignatz und/oder Hendrik ausgetobt.

Deswegen dachte ich: Naaa, lieber mal ein Stück Bahn fahren, und von dort aus, wo der Scheiss vorbei ist, weiter.

Also um 14:00 in Wrist aus der Bahn purzeln – trocken und schön.

Trockener, sicherer, und überhaupt.

Also Strecke umgeplant, ausgeschlafen und viel später los, so dass ich den Zug dort verlasse, wo das Wetter durch ist, dann weiter wie gedacht.

Ticket gekauft, los. WIE SO EIN ANFÄNGER!

Latürnich ging da nix, die Stimmung auf dem Hauptbahnhof war auch eher unterkühlt, um nicht zu sagen schlecht.

Aufnahmezeitpunkt: 13:01 – immerhin gibt es immer noch den doofen Maulwurf

Eigentlich war die Stimmung sogar pogromartig gegenüber allem, was eine Bahnuniform oder einen Bahnrucksack trug.

Das hätte ich auch zuhause lesen können, auf dem Bahnhof gab es keinerlei Information bis auf ‚Zug von 10:39 fällt aus‘. Um 13:00 Uhr.

Nach längerem (zwischendurch hatte unser Zug wieder ein Fahrtziel) Rumhängen in rollenden Wärmeräumen mit Fahrradabteil bin ich doch unsicher geworden, wie lange das geht und mein Zeitfenster, im letzten Büchsenlicht am Übernachtungsplatz anzukommen, um das Zelt nicht im Dunklen aufstellen zu müssen, schloss sich immer weiter. Also im geilsten Starkregen mit dem Rad wieder nach Hause gefahren.

Muss dann doch mal meine Regenjacke nachimprägnieren…

Also – das nächste Mal vorher in die Bahnapp gucken und Tickets erst vor Fahrtantritt kaufen, Nahverkehrstickets sind nicht erstattungsfähig.

Morgen dann ein neuer Versuch, noch dichter ran an den Zielort, ohne Übernachten. Dafür hat sich das Wetter beruhigt. Ich hoffe mal, die bekommen die Strecke bis morgen wieder frei.

Elbe – Alster – Trave – Ostsee

Ein erkennbar sonniger Samstag im Oktober stand vor der Tür – noch einmal eine Chance auf eine schöne Herbsttour!

Statt selbst Touren in allen Details zu planen, greife ich gerne auf gescoutete Routen zurück, wie z.B. auf die von Orbit360.cc wie bei Marsian Mountains – na fast oder diesmal auf eine Strecke vom HanseGravel (Graveltour in mehreren Etappen von Hamburg nach Stettin) von Hamburg nach Lübeck.

Die Strecke führt anfangs mitten durch Hamburg, und trotzdem fast die ganze Zeit durchs Grüne, immer an der Alster entlang. Dafür muss man ein paar Mal das Rad Treppen hoch tragen, hat aber kaum Kontakt zum Autoverkehr.

Dabei folgt man der Alster bis Kayhude (das ist am grünen Boppel im folgenden Screenshot), ab Bad Oldesloe dann der Trave beziehungsweise später der Untertrave bis zur Lübecker Bucht der Ostsee.

Ab Lübeck hab ich selbst geplant, weil ich gerne auf der östlichen Seite der Untertrave bis zum Priwall fahren wollte.

Tourverlauf

Das sind lockere 140km, also musste ich wieder früh aufstehen, um das Tageslicht bestmöglich zu nutzen. Ich bin trotzdem erst nach 8 losgekommen, weil ich mich wegen der Aussentemperaturen (ganz schön frische 5° und Raureif auf dem Balkongitter) schwer einmummeln musste – aber gleichzeitig so, dass ich auch bei 15° überlebe. Schwierig, wenn man mit nur wenig Gepäck/Platz für abgelegte Klamotten fahren, aber auch in Pausen nicht frieren möchte.

Irgendwann ging es dann doch los mit der Viele-Flüsse-Queren-Reise.

Harburg und Elbinsel

Erstmal über die Süderelbe mit leichten Restnebelfliesen über der Oberfläche…

Auf der Süderelbbrücke

Restnebel über der Süderelbe

Dann, nach dem Durchqueren des nebligen Wilhelmsburgs und der Veddel, die Norderelbe.

Auf der Norderelbbrücke

Norderrelbe in der Sonne

Der Reif auf den Brücken verschwindet langsam.

Feuchtigkeit auf dem Radweg auf den Norderelbbrücken

Tau taut langsam weg

Hamburg

In der Stadt angekommen, ist es noch leer. Selbst am Jungfernstieg und an der Binnenalster ist nix los.

An der Binnenalster

Noch Ruhe an der Binnenalster

Entlang der Hamburger Who-is-who-Joggingstrecke an der Aussenalster bin ich lieber die (relativ) neue Fahrradstrasse entlang gefahren anstatt direkt am Wasser, hier war trotz der frühen Zeit schon einiges unterwegs.

Das wurde aber schnell wieder besser, vielleicht auch, weil der Track der Ostseite der Alster folgte und dort noch nicht so viel Sonne hin schien.

An der Alster entlang

Im Schatten ist es noch sehr feucht

Insgesamt: Es war wenig los, und die Leute, die hier joggen, Fahrrad fahren oder ihre Hunde zum Kacken führen, haben ihre Bewegungsmuster und Hunde ganz gut im Griff, tagsüber ändert sich das, und im Sommer würde ich das eher lassen – die Schilder, die um gegenseitige Rücksichtnahme werben, stehen sicher nicht aus Zufall hier.

Überall, wo die Sonne hinleuchtet, leuchten die Herbstfarben und es wärmt endlich leicht. Noch ist die Umgebung parkartig mit fein geschotterten Wegen, geprägt vom Wohlstand Hamburgs.

ein feingeschotterter Weg

Langsam, so hinterm Ohlsdorfer Friedhof, wird es ländlicher, waldiger. Trotzdem ist etwas hinter dem Uferstreifen noch Grossstadt, aber davon bekommt man nichts mehr mit.

Es wird ländlicher

Der Uferweg wechselt immer öfter die Seiten, der Weg wird auch immer mehr zum typischen Waldweg, die Alster ist nicht mehr schiffbar.

Inzwischen sind zumindest in der Sonne 10°, ich ziehe die WindRegenSchwitzjacke aus und knautsche sie zusammen mit den Fingerhandschuhen in meine Tasche, die erste Zeit, in der Trikot und Armlinge abtrocken, ist es wieder sehr verdunstungskühl, vor allen an den Armen.

Waldweg

Eine Spiegelung in einem Weiher

Eine Spiegelung in einem Weiher

Kurze Pause an einem Unterstand im Wald

Kurze Pause

Diese Kiste schützt das Getriebe des Wehres mehr so mittel gut gegen Fehlbedienung

Diese Kiste schützt das Getriebe des Wehres mehr so mittel gut gegen Fehlbedienung

In Duvenstedt verlasse ich die Alster kurz, um einen Bäcker zu finden, was auch gelingt. Leider wollen hier alle Bargeld – soviel Bargeld hab ich gar nicht bei.

Nun beginnt das wilde Schleswig-Holstein!

ein geschotterter Weg mit Laub entlang der Alster

Ein Nachteil des Weges direkt an der Alster: Es wird nicht richtig warm, weil die Alster hier in einem Flusstal entlang läuft, in das die tiefstehende Sonne nicht gut reinscheinen kann.

Und dann auch noch dass:

Gesperrte Brücke

Gesperrte Brücke

Da die Sperrung bereits unautorisiert aufgehoben wurde, gut sichtbar nur das Brückengeländer betrifft und ein Umweg echt weit wäre, wage ich es.

Mehr Punk geht nicht!

eine schmale Fahrspur entlang einer Viehweide

Die Strecke ist wirklich hervorragend gescouted. Es gibt Stellen, an denen man absteigen muss, das ist aber der ansonsten so tollen Streckenführung geschuldet.

Leider gibt es von diesen Stellen keine Bilder, weil ich da entweder mit weissen Knöcheln an den Bremsgriffen ziehe, weil es unvorhersehbar steil abwärts geht und ich die Fuhre irgendwie zum Stehen bekommen muss oder weil ich beide Arme bereits zum Rad tragen brauche.

Bad Oldesloe

Zur Versorgung der Hansegraveler geht der Track auch einmal quer durch die Fussgängerzone von Bad Oldesloe, ich kann da entspannt im Fussgängertempo hinter einer Familie her rollern, aber ich kann mir auch vorstellen, wie das aufgenommen wird, wenn im Laufe eines Spätvormittages 150 verdreckte Radfahrer am liebsten im Renntempo und im Rudel da durch wollen; aber dafür werden die meisten auch irgendwas an Proviant gekauft haben.

ein geschotterter Weg

Der Fluss, neben dem ich immer wieder herfahre, ist nun schon etwas länger verschwunden, beim nächsten Auftauchen fliesst er auch in die andere Richtung.

Mich deucht: Das ist nicht mehr die Alster, sondern die Trave. Hab mir das vorher auf der Karte nicht so genau angesehen.

Die Trave von einer Brücke aus fotografiert

Leider bin ich zu blöd, Pausenplätze finden bzw. sie auch zu nutzen – es gab eine schöne, bereits abgetrocknete, sonnige Stelle mit einer Bank (wechselwarme Radler und deren feuchte Regenjacken wollen das) in Bad Oldesloe im Stadtpark(?) – ich verschmähte diese, weil Stadtpark, und weil bestimmt gleich eine noch bessere kommt…

Pausenstress

Ich Idiot – die nächsten 15km kommt eben genau nix vergleichbares. Wasser ist auch fast alle.

Kurbel, kurbel, kurbel.

Es ist wirklich schön hier, hügelig, irgendwas mit Endmoränen, bestimmt. Die Trave fliesst in einem eigenen Tal, die Strecke weicht oft davon ab, läuft etwas oberhalb auf dem Kamm. Dann brettert oder schliddert man einen Fußpfad runter, der sich direkt an der Trave kurz vor der Brücke (gerne 70iger Jahre Spannbeton) auf Brückenweite aufweitet, über die Brücke, Verschmählerung auf Fußpfad, und auf der anderen Seite wieder hoch.

Keinen Schwung. 6 Gang, 3. Gang, keine Traktion, echt steil, Sand, fiese Wurzeln. Runter vom Rad, hochschieben, gucken. Geil. Aufsteigen, repeat.

Fußpfad mit Brücke

Fußpfad mit Brücke

Das Kurbeln braucht Wasser, in Klein Wesenberg ist eine Kirche mit Friedhof – super zum Nachtanken von Wasser. Ich hab nicht nur die Flaschen gefüllt – mit Wasserbauch gehts weiter, immer noch auf der Suche nach einem Pausenplatz.

Lübeck

In den Aussenbezirken von Lübeck angekommen fahre ich nicht mehr auf dem HanseGravel-Track weiter, sondern auf einer von mir geplanten Strecke um die Innenstadt von Lübeck südlich zu umgehen und auf die östliche Seite der Untertrave zu gelangen.

In Moisling (einem südlichen Vorort von Lübeck) bekomme ich beim Bäcker ein Käsebrötchen mit Pute – wieder wollen sie Bargeld und die Suche nach einem Pausenplatz wird dringender, ich hab Hunger.

ein Weg mit zwei Fahrspuren und Grass in der Mitte

Nach dem Überqueren der Wakenitz ist die Stadt wieder vorbei, es geht rein in den mecklenburgischen Wald. Wunderschön, lichter Kiefernwald.

MeckPom

Aber keine Bänke und die Wege sind auch sehr ruppelig. Irgendwann reicht es mir – dann eben keine Pause im Sitzen.

Restavel an ein Bäumchen gelehnt

Rad an ein Bäumchen gelehnt, Brötchen gegessen, mit Wasser nachgespült – nur in Ruhe sitzen oder kurz mal auf dem Rücken liegen ging hier nicht, zu sandig. Das gute daran: Es verkürzt die Pausenzeiten 🙂

Dann weiter durch die Palinger Heide über ruppelige und sandige Wege. Ich bin der Meinung, dass die neu aufgezogenen G-One Bite Mäntel besser mit Sandlöchern klar kommen als die vorher montierten G-One Allround in der Lüneburger Heide.

im Wald

Die Wege werden allerdings schnell wieder besser, ab und zu lugt die Untertrave – hier von großen Seeschiffen befahrbar – über die verblühten Mais- und Sonnenblumenfelder – sehr schön.

ein Maisfeld Im Hintergrund die schiffbare Trave, im Vordergrund ein Maisfeld

Unverhofft taucht eine Trucktankstelle auf – ich kaufe mir einen Liter Cola und ein Trucker-Spezial, endlich mit Plastik bezahlen und Zucker satt!

Wer sich auf den Bildern vom Rad über die Colaflasche wundert – es gibt für mein Flaschenhaltersystem  auch einen leeren Halter, an dem man beliebige Gegenstände mittels Boa-Drahtwickelsystem (wie an manchen Radschuhen auch) festklemmen kann. Die leere Flasche gebe ich beim nächsten Kauf ab und bekomme eine neue, kalte.

auf einem Feldweg

Das Trucker-Spezial erweist sich später als labriges ‚Baguette‘ mit Barbeque-Sosse und Fleisch unklarer Herkunft (irgendwas zwischen Bulette und falschem Hasen) und Krautsalat. Wir haben ja auch hier im Blog immer das Mantra des landestypischen Essens hoch gehalten, aber das war mal nen Griff ins Klo.

Maisfeld, Trave, Feldweg

Der Radweg geht ein Stück parallel zu einer Landstrasse, auf der ein alter, langsamer Trecker mit zwei Anhängern voller Kiefern fährt – mit einer riesen Autoschlange dahinter.

Bergan ist er schneller als ich, in der Ebene und bergab bin ich schneller. Jedesmal, wenn einer von uns den anderen wieder einholt, grüßen wir erfreut.

Die Autoschlange dahinter ist zunehmend genervter, es gibt wilde Überholmanöver von weit hinten in der Schlange.

Fischerboote in Dassow

In Dassow liegen ein paar Fischerboote. Vor 30 Jahren konnten die Fischer von hier aus nur den Dassower See befischen, die Trave und wahrscheinlich schon die Potenitzer Wiek war für DDR-Fischer unerreichbar.

Der Weg biegt ab auf den Deich, nun geht es schnurstracks in Richtung Ziel – ab und zu lugt schon das Hochhaus des Hotel Maritim in Travemünde über die Baumkronen.

ein Weg mit gepflasterten Fahrspuren und Grasnarbe in der Mitte

Auf diesem Weg ist überhaupt kein Verkehr, er ist warm, sauber und trocken – ich beschliesse, mich kurz in einer Ausbuchtung auf dem Weg hinzulegen – das Rad ordentlich an einen Baum gelehnt – und ich hab ja noch das Trucker-Spezial vor mir…

Kaum liege ich, hält rasant ein Rad neben mir, ob alles ok sei. Muss lachen, bedanke mich, erkläre, dass ich keine Bank gefunden habe, und dass es sehr schön ist, hier zu liegen. Er lacht auch, fährt weiter.

Sehr kurze Zeit später noch mal das gleiche. Alter – ich treffe den ganzen Tag kaum Leute mit Rennradklamotten, aber hier sammeln sie sich…

Bedanke mich wieder für die Aufmerksamkeit. Während ich mich aufraffe, die dritte. Und da, 600 Meter weiter, sei eine Bank. Super!

Dort nehme ich einen Bissen Trucker-Spezial – gar nicht mal so lecker.

Priwall

Zwischen Pötenitz und Priwall muss ich parallel zur Blechlawine, die auch zur Fähre Richtung Travemünde rollt, an der Landstrasse entlang fahren. Nicht schön, anscheinend sind alle in den Blechkisten hart genervt.  Also direkt hinter der ehemaligen Grenze scharf rechts wegbrechen, möglichst weit ans Wasser ran – auf den passenderweise so genannten Dünenweg.

Und da isse, die Ostsee!

(Denkt Euch ein Foto, ich hab vergessen, eins zu machen). Ich bin aber auch nicht weiter Richtung Wasser gegangen, alles tiefer Sand – ich hab noch genug Sand aus der Lüneburger Heide in den Schuhen und ich hätte das Rad auch stehen lassen müssen.

An der Priwall-Fähre angekommen, musste ich wieder mit Bargeld (am Automaten, der auch Karte konnte, aber wohl nicht bei so geringen Beträgen wollte) die Überfahrt nach Travemünde lösen. Mit den letzten Cent ist mir das gerade so und trotz der sehr individuell gelösten Menüführung gelungen, ohne jemanden anzuschreien.

Am Fähranleger Priwall Auf der Priwallfähre

Travemünde

Auf der Travemünder Seite war erstaunlich viel Tourismusbetrieb. Ich hab mich bis zum Hotelturm geschlängelt, eigentlich wollte ich noch ein Eis oder so essen, das war aber nur im Schatten möglich und erschien mir zu kalt.

in der Travemünder Shoppingmeile

Ich hab mir dann noch etwas die heimische Tierwelt an der Strandpromenade angesehen und bin dann auch schon zum Bahnhof.

Eine Silbermöve stolziert auf einer Sitzbank

Admiral Weber bei der Abnahme der Parade

Vom Travemünder Strandbahnhof aus bin ich mit dem Regionalexpress wieder nach Hamburg gefahren, und von dort aus mit dem Rad nach hause.

Stadtbahnhof Travemünde

Regionalexpress

Das Heimfahren im Regionalexpress hat wieder genervt – es war nicht voll, aber das Mehrzweckabteil zieht anscheinend Schwachköpfe an, die auch irgendwo anders im Zug fahren könnten. Für Rad- und Rolli- und Kinderwagenfahrer ist das nicht so, also sucht Euch gefälligst nen Platz im Rest des Zuges und geht nicht Leuten auf den Kecks, die dort fahren müssen und schon allein deshalb ne kurze Zündschnur haben!

Abendrot durch ein Regionalexpressfenster

Der Tag ist offiziell vorbei

So ein geiler Tag!

  • Morgens war es etwas frisch (ok, abends vom Hauptbahnhof nach Hause auch), aber beim Fahren wird einem ja schnell warm, man darf nur nicht anhalten 🙂 Ich hatte gerade so genug Klamotten dabei, um beim Warten auf den Zug nur ganz wenig zu frieren. Nächstes Mal muss vielleicht doch eine wärmende statt einer windabweisenden Jacke mit.
  • Ordentlich gescoutete Strecken sind super, zumindest die, die ich bisher ausprobiert habe. Ich glaube, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass man aus Hamburg raus so schön unbehelligt fahren kann.
  • Herbst ist toll! Die Farben, die Kälte am Morgen, die dann endlich spürbare Wärme der Sonne…
  • Die neuen Reifen machen einen Unterschied in der Radkontrolle auf Sand
  • Ich habe mangels guter Gelegenheiten weniger lange Pausen gemacht und bin dafür noch sehr deutlich im Hellen angekommen, ohne kaputt zu sein.
  • Regionalbahn fahren nervt, ist aber auch schön warm

Die ganze Tour bei komoot:

Oder als Video (Relive):

Zweimal Fähre fahren

Gestern stand eine kürzere Tour auf dem Programm – ich hab mich für eine Kontrolle der Apfelsituation im Alten Land und zweimal Fähre fahren entschieden.

Der Plan

Auf dem Weg dorthin bin ich wieder über so einen Schildbürgerstreich gefahren. Ein Bahnübergang mit Drängelgitter, das für Lastenräder, Liegeräder, Tandems oder Räder mit Kinderanhänger unpassierbar ist – schon mit einem normalen Rad muss man rangieren. Aaber es kommt noch besser – das ist Teil einer offiziellen Veloroute:

Im Hintergrund seht ihr den ausgebauten Teil der Veloroute, der Richtung Bahnübergang in einen schmalen Kiesweg übergeht und im Drängelgitter endet.

Ich nehme mal an, dass am Ende des geteerten Weges die Verantwortung der Stadt Hamburg endet und die Verantwortung der DB Trasse (oder wie auch immer das entsprechende Unterunternehmen der Bahn, dass dafür zuständig ist, heißt) beginnt.

Tolle Idee, in so einen gemischt betriebenen Weg Geld zu versenken, wenn nicht alle beteiligten bauen 🙁

Auf schön geschotterten Wegen ging es Richtung Altes Land – trotz des grummeligen Himmels gab es immer wieder genug Sonne für Schattenspiele:

Schattenspiele

Nachdem ich über den Neubau der A26 von Stade zur A7 (wirklich gigantisch, wie breit so eine Autobahn ist) rüber war, begannen die Apfelplantagen.

Es sind hier nicht wirklich Apfelbäume, sondern eher Apfelsträucher, so dass man, wenn man auf dem Anhänger hinter dem Schlepper steht, leicht überall rankommt. Der Trecker fährt im kleinsten Kriechgang und ohne Fahrer alleine die Reihe ab, hinten werden die reifen Äpfel abgepflückt.

Endlose Apfelreihen

Ich hab keinen Vergleich, aber für mich sieht das nach einer sehr guten Ernte aus.

Ich hatte geplant, um 13:45 Uhr am Fähranleger Lühe zu sein, denn die Fähre fährt am Wochenende nur alle zwei grade Stunden Richtung Wedel.

Elbe – Blick Richtung Wedel

Ich war allerdings schon gegen 13:00 Uhr dort. Hier treffen sich Wohnmobilisten, Biker (also die mit Motorrädern) und sonstige Ausflügler, es gibt einen großen Parkplatz, einen Womo-Stellplatz und einen Haufen Imbissbuden.

Der Imbissbudenzirkus

Um mir die Zeit zu vertreiben und aus Schmachtgründen hab ich an einer der vielen Buden ein Currywurst mit Pommes gegönnt – die Pommes waren ok, die Currywurst wirklich unterirdisch. Die Preise waren überall gleich, aber ich glaube, das war die schlechtmöglichste C-Wurst vor Ort.

Naja, dann weiter warten. Die Fähre war schon da, aber die hatten gerade Mittagspause.

Dat Ole Land II

Also noch warten.

Schwalbenschwanz

Möve im Freizeitstress auf der Elbe

Endlich ging es los Richtung Wedel – eine Person mit Rad kosten 7,50.

Ablegen!

Die Fähre war quasi leer, nur zwei Fahrräder und auch nicht viele andere Passagiere. Es ist doch schon deutlich Nebensaison, es gibt Berichte, in denen sich bürgerkriegsähnliche Zustände um die nicht immer ausreichenden 70 verfügbaren Fahrradstellplätze auf der Fähre abgespielt haben sollen – heute nicht.

Komoot zeigt irgendwas mit Wasser, Garmin komplett verwirrt

Beide GPS-Geräte waren verwirrt auf der Fähre, obwohl der Track richtig gelegt war und sich die Fähre auch einigermaßen an die geplante Strecke gehalten hat.

Selfie

Wedel – Blick nach Hamburg

In Wedel am Willkomm-Höft angekommen, ging es wieder auf Rad. Das Willkomm-Höft ist eine inzwischen folklorististische Nummer – es gibt hier eine Schiffsbegrüßungsanlage – für jedes ein- oder auslaufende Seeschiff wird hier die Nationalhymne des Registerhafens über große Lautsprecher abgespielt. Gleichzeitig gibt es hier ein großes Ausflugslokal und entsprechend Trubel mit Menschen mit schwer einschätzbaren Bewegungsvektoren.

Ich muss lernen, auch von sowas Fotos zu machen, ich wollte da aber nur weg.

Bahnübergang der S-Bahn nach Wedel

Der Track führte mich nach Wedel rein und auf die Nordseite der S-Bahnstrecke nach Blankenese – hier war ich noch nicht mit dem Rad und man kann an der Bahntrasse endlang wunderbar und zügig fahren.

Zu kurze Belichtungszeit, jaja.

Später ging es den Ortskern von Blankenese mit vielen hochherrschaftlichen Palästen, durch den ebenfalls großzügig angelegten Hirschpark, vorbei an der Dorfkirche Nienstedten und dem internationalen Seegerichtshof wieder runter an die Elbe nach Teufelsbrück.

Im Hirschpark

Von Teufelsbrück aus bin ich mit einer Hadag-Fähre zum HVV-Tarif nach Finkenwerder/Rüschpark gefahren, dort immer am Deich entlang bis zum Ende des Köhlfleets und dann Richtung Altenwerder entlang der Hauptstrasse – hier hat die Industriebebauung leider alle Nebenwege gefressen – das Stück bis unter die A7 ist zwar sicher, aber nicht gerade schön zu befahren.

Das Dorf Altenwerder wurde 1960 zur Hafenerweiterungsfläche erklärt, die Stadt begann, Grundstücke aufzukaufen und die Bewohner umzusiedeln. Ab 1973 wurde die Enteignung der verbliebenen Eigentümer angekündigt, 1998 verliessen die allerletzten Anwohner Altenwerder, 2003 wurde das neue Containerterminal CTA in Betrieb genommen. Wie groß das ist, sieht man am Anfang eines eines Videos, dass ich letztes Jahr gedröhnt habe.


Übrig geblieben ist nur die Kirche und der Friedhof von Altenwerder, die sich nun auf einer kleinen Brache zwischen der A7 und einem Hafenbahnhof, zwei riesigen (je 6 Megawatt) Windmühlen und Logistikflächen für die Hafenwirtschaft befinden.

Kirche Altenwerder

Ein ruhiger, aber auch ein unruhiger Ort – die Autobahn ist nah und laut.

Altenwerder Pfad

Moorburg und fast zuhause – man kann schon das gelbe Gegengewicht der neuen Kattwykhubbrücke über die Bäume luschern sehen:

Eine schöne Runde – in Wedel und Blankenese war ich noch nicht mit dem Rad, das lohnt sich bestimmt, sich das alles noch mal genauer anzusehen.

Ich hab die Mäntel am Rad gewechselt, von Schwalbe G-One Allround zu G-One Bite. Die Bites haben mehr Profil, vorallem zur Flanke hin. Zum Glück surren sie nicht auf glatten Untergründen, sondern laufen auch dann schön leise. Richtig tiefen Sand hatte ich auf der Runde nicht.


Die ganze Tour bei komoot:

Oder als Video (Relive):