Diemelsteig – der verflixte 3. Tag

Guten Morgen dritter Tag!

Der Muskelkater kickt voll rein, das Aufstehen und die eine Treppe runter in den Frühstücksraum ist ein sehr alberner Prozess – zum Glück sieht und dabei keiner zu.

Nach dem Frühstück werden wir zusammen mit einem anderen Päarchen, das zwei Dörfer früher abgesetzt wird, zu unserem Startpunkt in Hemminghausen gebracht.

Von Hemminghausen nach Helminghausen

Da wir gestern die Südflanke des Diemelsteigs abgelaufen sind, geht es heute die Westflanke entlang nordwärts bis zum Diemelsee und dann Richtung Osten und Staumauer – die grüne Strecke auf der folgenden Map:

Aus dem Ort geht es direkt wieder rauf auf den Kamm, etwa 160 Höhenmeter höher – die Sonne ist auch schon da und wärmt uns schön auf.

Das Grün ist unglaublich, und jeder, der irgendwie einen Schlepper und ein Mähwerk hat, mäht, wendet und schwadet, was das Material hergibt.

Hier hat niemand Angst vor Fuchsbauten oder anderen Löchern in der Wiese, jedenfalls gibt es wackere Landwirte, die mit lockeren 30km/h über ihre Wiesen dreschen. Gott- und Materialvertrauen!

Oben am Niegelscheid angekommen, machen wir eine kleine Pause und ich lasse die Dröhne einen Rundumblick nehmen.

Wir können von hier aus zum ersten Mal (auch von der Erde) den Diemelsee sehen:

Wir laufen weiter Richtung Dommel. Der Dommel liegt noch ein kleines bißchen höher (640m) als der Niegelscheid.

Über den Dommel

Wir treffen auf einen weiteren Trecking-Übernachtungsplatz. Zelten auf einer Holzoberfläche erschliesst sich mir ja nicht. Es ist hart, es gibt nur wenige Plätze zum Befestigen von Abspannungen, und daneben ist eine ebene Wiese – das ist aber verboten.

Ein großer Teil des Weges rauf zum Dommel ist asphaltiert (über 2,5km am Stück). Ich verstehe ja, dass die Anwohner da auch im Winter sicher hoch und runter fahren können wollen, ohne durch schwerste Spurrillen von monströsen Waldmaschinen fahren zu müssen, aber zum Laufen ist das richtig unangenehm, besonders, wenn der Asphalt schon richtig aufgeheizt ist und so viel Wärme abstrahlt.

Von einer guten, geführten „Qualitäts“route erwarte ich, dass man dann parallel zur Strasse laufen kann oder es zumindest eine gemähte Fläche neben der Strasse gibt. Das ist etwas schade.

Wir haben gehofft, dass es am Dommelhof Kaffee und Kuchen oder etwas ähnliches gibt, aber es gibt dort nix, es ist auch kein Mensch zu sehen. Auch keine Möglichkeit, Wasser nachzufüllen.

Den Aufstieg auf den Aussichtsturm auf dem Dommel sparen wir uns, und gehen direkt weiter auf dem Diemelsteig Richtung Norden, weiter auf dem Kamm entlang.

Bei ungefähr 8,5 km Gehstrecke finden wir eine Hütte, in deren Schatten wir uns ausbreiten. Leider sind die Bänke hier schon ziemlich morsch, trotzdem machen wir eine ordentliche Mittagspause mit Schuhen aus und all den guten, hitzeunempfindlichen Dingen aus dem Edeka und von unserem Frühstückstisch.

Nach der Pause fällt es uns wieder schwer, in die Gänge zu kommen. Dazu kommt, dass wir von hier nur noch bergab laufen.

Bergauf ist zwar insgesamt anstrengend, aber nicht so unangenehm für die Beine. Bergab laufen empfinden wir beide als besonders fies für die Unterschenkel.

Der Weg ist ein Forstweg, grob geschottert und festgefahren, teilweise auch direkt in den Fels geschrappelt, um eine eingermaßen ebene Fläche zu bekommen.

Die Forstmaschinen werden immer größer und schwerer, so dass naturnahe Forstwege einfach nicht mehr funktionieren, in der Konsequenz ist ein großer Teil der Wanderwege dadurch eher unelastisch zu begehen.

In Richtung Osten gibt es wieder einen schönen Blick auf einen Teil des Diemelsees – wir kommen näher 🙂

Die vielen, vielen Rastgelegenheiten haben oft nicht nur eine Bank, sondern auch einen Tisch. Dies hier ist die Luxusvariante mit zwei Bänken und Aussicht, allerdings in der prallen Sonne – wir gehen weiter.

Wasser, Wasser!

So langsam wird mein Wasser knapp, ich male mir in immer bunteren Farben aus, was passiert, wenn ich auf einen Wasserhahn treffe und hoffe darauf, dass das bald der Fall ist.

Kurz vor dem See spaltet sich der Diemelsteig auf, es gibt eine Strecke südlich des Sees nach Heringhausen und eine Strecke nördlich des Sees. Wir entscheiden uns für die nördliche Strecke, weil wir uns die Staumauer ansehen wollen.

Als wir die Itter (den zweiten Zufluss zum Stausee neben der Diemel, nach etwa 13 gegangen Kilometern) überqueren, gehen wir kurzerhand auf den nächsten Bauernhof und fragen, ob wir an einen Wasserhahn dürfen. Latürnich dürfen wir, und eine Flasche köstlich kühles Nass (also ein Liter) verschwindet direkt in mir, der Körper reisst, während ich mir eine zweite Flasche abfülle, direkt alle Poren auf und gibt das Wasser als Verdunstungskälte wieder frei.

Wir laufen nun auf der Nordseite des Diemelsees parallel zum Ufer entlang Richtung Staumauer – Nadja hat vorher ausgekundschaftet, dass es dort einen Kilometer vor der Staumauer Fritten Jupp gibt – beliebt bei Moped-, Auto- und Radfahrern – das kann ja für Wanderer nicht schlecht sein.

Ich bestelle zwei Radler für mich – was Nadja irritiert – und dann noch ein drittes für Nadja und Eis, das interessanterweise von einem kleinen Laden direkt gegenüber von unserem Gasthof in Adorf kommt.

Das erste Radler läuft direkt durch – lecker.

Das Eis ist super, Schnöggel werden wir auch noch mal in Adorf besuchen müssen!

Die Staumauer

Nach einer angemessenen Pause und dem unter Stöhnen zelebrierten Aufstehen und Losstiefeln geht es auf das letzte Stück für heute entlang des Ufers bis zur Staumauer.

Der Stausee wurde Anfang des letzten Jahrhunderts geplant und dann wegen Geld- und Resourcenmangel erst 1924 fertiggestellt, mehr Infos dazu: Die Diemelsee Staumauer.

Von der Seeseite ist das Bauwerk erstmal unscheinbar, das ändert sich, als wir zum ersten Mal auf die andere Seite gucken:

Hui, da geht es ganz schön runter! Wir wackeln auf die andere Seite der Staumauer und entdecken, dass es dort (im Foto oben gerade erahnbar) einen Pfad hinunter an die Sole der Mauer und zum Maschinenhaus geht.

Irgendjemand fand es vor ungefähr 100 Jahren angemessen, so ein mächtiges Industriegebilde mit einem kleinen, englisch angehauchten Park auszustatten und die Betreiber haben das bis heute durchgezogen – das gibt extra Karmapunkte von uns für die schöne Rasenanlage.

Wir gehen bis ganz nach unten.

Die Mauer von unten mit den Überlauflöchern – dafür ist aber gerade nicht genug Wasser im Stausee.

Wir gehen noch ein Stück nach Helminghausen hinein, und lassen uns dort von Herrn Becker abholen.

Abends gibt es Schnitzel mit Pommes (und natürlich Suppe und Nachtisch), heute sind wir wieder bereit für einen Schnaps – und es gibt einen deutlich leckeren, goldgelben Jubiläumstrunk (auch von Kirchner & Menge).


Heute sind wir 18,5 km gegangen, erstmal 9km hoch, dann 9 wieder runter und noch etwas tiefer (Helminghausen liegt natürlich um die Tiefe des Stausees unter dem Level von allem anderen).

Immer noch haben wir uns auch heute nichts wund gelaufen, da bin ich wirklich sehr froh drüber – Muskelkater ist nur beim Losgehen schlimm und stört sehr schnell nicht mehr.