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Orbit360 Milky Way Mission

Es ist mal wieder die Zeit, in der Orbit360 die Tracks für die Orbit Gravelserie geöffnet hat – noch bis zum 14. August besteht die Möglichkeit, es sich abseits der Strasse und in ganz Deutschland und der Schweiz richtig zu geben und hinterher die Zeiten mit anderen zu vergleichen.

Zum letzten Test, ob mein Hintern den ganzen Tag Zeit hat, hab ich vor etwa zwei Wochen noch mal eine schöne Tour auf und ab der Unterelbe gemacht:

Das war soweit gut, die ständigen Viehgatter und das damit verbundene ständige Anhalten, aus dem Sattel, Menschen vor dem Tor wegdiskutieren und wieder anfahren finde ich allerdings sehr mühsam. Und meine Schuhe quietschen, ich glaub die Cleats meiner Sommerschuhe müssen mal neu.

Insgesamt war das auch überwiegend ein Roadtrip, wenn es unbefestigt war, dann war es eher feiner Gravel – nix brutales.

Ich bin letztes Jahr schon einen Orbit gefahren, allerdings ausserhalb der Wertungsperiode. Aber es ist das gleiche Prinzip in der gleichen Gegend, dort ist auch genauer erklärt, was ein Orbit ist und was das soll.

Interessanterweise und wahrscheinlich, um den Russen zu verwirren, heißt der Orbit südlich von Hamburg dieses Jahr nicht mehr Marsian Mountains sondern Milky Way Mission.

Der diesjährige Ritt durch die Heide südlich von Hamburg ist von einer anderen Planerin gescouted als der letztes Jahr und startet noch dichter an unserer Wohnung – einmal den Hügel runterkullern und schon bin ich auf dem Track.

Insgesamt waren mir viele Teile der Strecke bekannt – aber gleichzeitig hab ich viele neue, schöne Querverbindungen kennengelernt und immer wieder gedacht – hä? Das kennste doch – ohja, hier sind wir also…

Die Kartendarstellung auf dem Navi begünstigt diesen Effekt, da es meist nur bis zum nächsten Abschnitt vorraus zeigt, und das Große, Ganze verloren geht.

Los gehts!

Raus aus Harburg ging es wie erhofft auf ungeteerten, aber sehr gut fahrbaren, eher schmalen Wegen:

Unterwegs in Neuland

Unterwegs in Neuland

Das erste Highlight ist der Tunnel, der parallel zur Seeve unter dem größten Rangierbahnhof Europas Maschen RBF hindurchgeht.

Licht am Ende des Tunnels

Licht am Ende des Tunnels

Der Tunnel ist unbeleuchtet und auf der Ostseite sehr niedrig, so dass ich da schon den Kopf einziehen muss. Also Sonnenbrille runter, Licht an und los.

Im Dunklen ist der Tunnel unheimlich, weil man das Ende dann nicht sieht, die Breite der Fahrbahn schwer abschätzbar ist, die einen fiesen Absatz zur Überflutungsfläche der Seeve hat, die Seeve plätschert und stinkt und kein Ende absehbar ist.

Licht am Ende des Tunnels

Und es handelt sich nicht um einen entgegenkommenden Zug!

Tagsüber gehts. Der Track windet sich weiter auf der anderen Seite der Bahnanlagen entlang.

Heidelandschaft

Nach einiger Zeit kommt das erste richtig sandige (wie in für mich mit 40iger G-One Bite unfahrbar sandig) Stück, schieben ist angesagt.

Sand

Hier spricht die Sahara!

Dafür gibt es aber gleich etwas zu fotografieren.

Die Sandpassage ist zum Glück sehr kurz.

Insgesamt ist es sonnig und nicht zu warm. Später soll es zuziehen, aber trocken bleiben. Ideal.

feiner Gravel

feiner Gravel – zügiges Fahren

Es ist auch grüner, als ich dachte. Anscheinend ist zumindest für eine kurze Zeit genug Regen gefallen, um alles in ein sattes Grün zu tauchen.

Blumenwiese

Begegnungen

Hier an der Seeve habe ich gleich zwei lustige Begegnungen.

Ein Fliegenfischer schreit mich an, dass ich hier nicht Rad fahren dürfe. 1. ist das falsch und 2. angelt er direkt unter dem Schild, auf dem in großen Buchstaben und als einzige Aussage ‚Angeln verboten‘ steht.
Ich halte kurz an, gebe ihn einen freundlichen Hinweis und fahre weiter. Schon dreist, was für ein Arschloch.

Keinen Kilometer weiter das gleiche mit einer Reiterin. Auch mit dem Reiten verboten Schild in Sichtweite (selbst für einen Maulwurf). Ich frage sie, was sie wohl meint, was das Schild da bedeute, auf dem ein rot durchgestrichenes Pferd zu sehen sei.

Drehen die hier für die versteckte Kamera?

Waldlandschaften

Ich komme in die ersten waldigen Abschnitte. Ich kann mir vorstellen, dass es hier vor ein paar Wochen noch sehr matschig war, die Spuren der Forstmaschinen sind tief, aber steinhart. Es rubbelt wie auf einer Waschbrettstrecke.

im Wald

Die Pflanze des Tages ist der Fingerhut. Ich sehe ihn immer wieder, auch in größeren Ansammlungen. Hier ein schönes dunkles Exemplar:

Fingerhut

Die Landschaft wird nun langsam heidiger – weniger dichte Bäume, dafür viel Erika- und Ginster-Zeug am Boden, ab und zu ein paar kleine Wurzeln auf den Wegen, die Wege werden abschnittsweise etwas sandig, aber gut fahrbar.

Heidetrail

Erste Pause

Inzwischen bin ich etwa 65 Kilometer gefahren – Zeit für eine kleine Pause. Ich verdrücke ein paar gekochte Kartoffeln und zwei Bananen die in der ruckeligen Lenkertasche eine Blitzreifung hingelegt haben. Zum Glück wohnen sie in einer Plastiktüte.

ein Fahrrad

Restavel von der schönen Seite

65km – also gut ein Drittel. Wenn es so weiter geht, dann ist alles gut. In der Tourbeschreibung stand was von vielen auf der Strecke liegenden, zu übertragenden Bäumen, matschigen Strecken und vielen Wurzeln. Entweder sind die ausgetrocknet und weggeräumt oder sie kommen noch…

Der Track kreuzt hier den Naturistenweg – ein Wanderweg für Nackwanderer. Dadurch, dass dies in der Trackbeschreibung stand, bin ich weniger überrascht, als ich auf zwei nackte Wanderer treffe.

Rucksack und Stiefel und sonst nix sieht schon seltsam aus.

Heide wie im Prospekt

Hier beginnt auch das touristische Heidekernland – Wilsede (das mit dem Berg und der Goldkrone) ist der nächste Ort mit Pferdewagen, Ausflugslokalen, allem TamTam und Menschen mit schwer vorhersagbaren Bewegungsmustern.

Ich bin extra an einem Wochentag auf diese Tour gegangen, trotzdem ist einiges los.

Ein Heide-Muss ist der Totengrund, ein Talkessel, in dem am frühen Morgen der Nebel steht:

Totengrund im Sonnenaufgang

Totengrund im Sonnenaufgang (nicht von dieser Tour)

Das ist wirklich spektakulär und es lohnt sich der weite Fußweg, um solche Bilder machen zu können.

Tagsüber sieht es eher so aus, auch schön, aber nicht vergleichbar:

Totengrund

Der Totengrund

Der Track windet sich einmal südlich um den Talkessel herum, und hier taucht er auf, mein Endgegner gegen ein ordentliches Durchschittstempo: Die gemeine Wurzel.

Wurzeliger Heideboden

Wurzeln ruckeln mich in Grund und Boden

Mir fehlt es an Fahrtechnik, um hier mit Tempo fahren zu können. Oder ich habe zuviel Angst, wahrscheinlich beides. Aber ich möchte etwa 70km von zuhause lieber keine Bodenprobe bei einer schnellen Bergabfahrt nehmen.

Am südlichen Ende des Totengrundes treffe ich auf eine ziemlich verzweifelte Gruppe Rentner mit E-Bikes, zwei davon mit Dreirad. Der Weg, den sie von Südosten gekommen sind, war gerade noch so fahrbar für sie, der Herman-Löhns-Weg, der hier in beiden Richtungen hoch und um den Totengrund herumführt, ist unfahrbar mit diesen schweren Dingern, selbst schieben geht im teilweise ziemlich tiefen Sand damit nicht. Wir gucken zusammen auf deren Karte, ich empfehle ihnen, lieber umzukehren und den besser befestigten Weg östlich aussen herum nach Wilsede zu nehmen und kämpfe mich dann den westlichen Teil hoch – auch mit (kurzem) Schieben durch tiefen Sand und fiese Wurzeln.

Wurzelbehandlung

Bis etwa Kilometer 86 mache ich keine Bilder, ich brauche beide Hände, um den Lenker festzuhalten – viele Wurzeln, wirklich viele Wurzeln.

Es geht entlang der gerade gequellten Seeve auf einem schmalen Wanderweg, und hier kommt zu den Wurzeln auch noch der eine oder andere umgefallene Baum dazu.

Manche kann man umfahren oder zumindest umschieben, unter manchen kann man abgesessen durchtauchen, aber über manche muss ich das Rad und mich drüber heben.

Man kann erahnen, wo es weiter geht.

In Handeloh ist ein Edeka, ich kaufe mir Proviant und Getränke nach, um an der ersten schönen Bank hinter dem Ort eine Pause zu machen.

Auch andere Radfahrer machen hier Pause und kaufen nach, allerdings sind alle ausser mir mit Motor unterwegs. Ungläubige Einatemgeräusche beim Blick auf meinen Radcomputer und die bisher gefahrene Strecke.

Riementipp

Protip – für Euch getestet: Wenn man Rhabarbersaft und Wasser mit Restsprudel in Fahrradflaschen füllt und dann damit weiter ruckelt, entsteht durch das Geruckel Überdruck und läuft als etwas Schaum mit Zucker am Rahmen runter und tropft vom Tretlager auf den Riemen, was sehr ulkige – und bis ich raushatte, was es ist – unangenehme Quietschgeräusche am Riemen erzeugt.

Im Büsenbachtal

Bei Kilometer 96 komme ich aus einem Waldstück auf einen sehr sandigen Weg mit dem Blick in ein Tal – ich denke sofort – äh, das kennste doch, sieht aus wie das Büsenbachtal. Es stellt sich heraus – das isses auch 🙂

Der Track führt hinab ins Tal zum Büsenbach. Das Tolle für mich am Büsenbachtal ist, dass man dort Dröhnen darf – der Totengrund und auch die meisten anderen Heideflächen sind alle Naturschutzgebiet.

Die zuständigen haben hier seit meinem letzen Besuch zwei Brücken neu gemacht und den Morast satt mit Hackschnitzeln und Rindenmulch abgestreut – sehr schön.

Am Büsenbach

Hackschnitzel am Büsenbach

Seerosen

Seerosen und Zeug

Der Track folgt nun für eine längere Strecke der Este. Der Wanderweg ist schmal, verwurzelt und mit umgefallenen Bäumen versehen. Das mindert die Anzahl der Fotos leider ziemlich.

Ab und zu gibt es offenere Abschnitte.

Am Maisfeld entlang

Hier noch mal eine exemplarische Verbaumung.  Bäume sind ja auch ganz schön doof, nur so flache Wurzeln auszubilden. Das haben sie jetzt davon.

Umgestürzte Bäume

Die allermeisten umgestürzten Bäume sehen übrigens nicht so aus, als wären sie in diesem Frühjahr umgekippt. Entweder hat der zuständige Forst sehr wenig Resourcen, oder die finden es nicht so schlimm, dass die Strecke wirklich nur für Wanderer geeignet it. Ab und zu – wie in dem Bild oben – muss ich ganz schöne Umwege schieben, die allerdings auch schon gut ausgetrampelt sind, so als wäre das nicht erst eine Vegetationsperiode so.

Swans crossing!

Schwäne auf dem Weg

Eine auf dem (einzigen) Weg campende Schwanenfamilie

Mit der Schwanenfamilie an der Appelbeke bin ich in zähe und lange Verhandlungen gegangen, weil es keine wirkliche Alternative gab. Abgestiegen, dichter ran – immer schön das Rad zwischen mir und Frau Schwan – gewartet, bis sie ihre leicht ausgestellten Flügel wieder eingeklappt hat, noch etwas dichter ran, gewartet, die jungen Schwäne sind dann laaangsam ins Wasser, noch dichter ran – Gezische und Gefauche – Flügel raus – gewartet – naja und so weiter, bis endlich alle genug Platz gemacht haben, damit ich da durch konnte – zum Ende kam Herr Schwan auch noch dazu und hat rumgemackert.

Ganz schön aufregend, diese Natur.

Und dann hab ich den nächsten Abzweig nicht gefunden. Stellt sich raus, das hier ist der Abzweig direkt an einer kleinen Brücke:

Matschpfad

Zum Glück haben gute Menschen ein paar Gehwegplatten und Holz in den Morast gelegt – trotzdem hatte ich ordentlich Schmodder an den Schuhen und den Rädern. Mal wieder: Schutzbleche sind schon irgendwie geil.

Fischbeker Heide

Ab Kilometer 138 taucht der Track in den Wald der südlichen Fischbeker Heide ein, das ganze Gelände war bis 2005 ein Truppenübungsplatz für Panzergrenadiere. Ausserdem kann man sich hier noch ein paar Höhenmeter einfangen und die Ecke ist sehr beliebt bei Mountainbikern, entsprechend gibt es einige Trails.

Ich bin schon ganz schön durchgeruckelt und dadurch müde und unkonzentriert und leicht gepestet von den immer wieder sehr wurzeligen Trails, die ich als MTB- und nicht als Gravel-Trails einstufe. Irgendwann biege ich falsch ab, weil irgendwas blau markiert ist.

Ok, so steil, da fahr ich nicht runter. Kann eigentlich nicht sein, aber blaue Markierung. Also schleife ich das Rad mit zwei angezogenen Bremsen vorsichtig den Berg runter. Das kann wirklich nicht sein. Ich zoome raus – und es ist wirklich nicht so. Super geil, das alles wieder hoch? Never. 🙁

Zum Glück kommt da gleich die Panzerringstrasse, da muss ich mich zwar auch hochasten, aber da kann ich wenigstens Strasse fahren und mich schön sachte im Omagang hochkurbeln. Dann klappts auch wieder mit dem Track.

Naja, ich bin froh, als das vorbei ist und der nächste Teil erstmal asphaltiert ist. In Neu Wulmsdorf gibt es einen Rewe mit Fahrradstation(!) und Luftpumpe(!) – ich kaufe mir ne Cola und einen Erdbär-Buttermilchdrink.

Für Euch getestet: 500ml Erdbär-Buttermilchdrink in einem Zug getrunken macht, dass es im Magen sofort auskäst. Jedenfalls fühlt es sich komisch an. Nach kurzer Fühl- und Bedenkzeit kippe ich noch Cola drauf – nimm das, Käseberg!

Der Rest vom Fest

Ich bin dankbar, dass es ab jetzt wurzelfrei sein wird – den Rest der Strecke kenne ich gut. Und es ist nun auch wieder möglich, zu ballern, nicht mehr 17km/h Durchschnittstempo, sondern mit ordentlich Zug auf der Kette (wie man so zu sagen pflegt, ich meine Riemen) durch Apfelplantagen, auf Deichen und anderen gut fahrbaren Wegen nach Finkenwerder und Hamburger Industriegebiet Richtung zuhause – aber erst – hallo S-Bahn.

Und noch eine in der anderen Richtung.
Und dann noch der Metronom…

Apfelplantage

Apfelbäume mit Sonnenschirm

Der Weg durchs südliche Finkenwerder ist wie immer wunderschön, dörflich. Etwas später und weniger dörflich, auf der 8? spurigen Finkenwerder Strasse am Finkenwerder Ring ist eine Sperrung/Umleitung für den wahrscheinlich wirklich 8-spurigen Autoverkehr und es sind alle Ampeln aus. Ein paar eher missmutige Verkehrshörnchen versuchen halbherzig das entstehende Chaos zu organiseren. Fürs Rad leider geil, so schnell bin ich noch nie durch diese für Radfahrer besonders hirntoten Ampelschaltungen gekommen.

Noch ein kurzer Schwenk um die Kirche von Altenwerder, über meinen Dröhnenübungsplatz mit angeschlossenem Containerterminal

etwas Deich und ab nach Hause!

Insgesamt war ich 13 Stunden unterwegs, in Bewegung war ich davon etwas mehr als 10 Stunden, als fast drei Stunden irgendwo rumgegammelt!

Es war richtig geil, zum Ende noch mal ordentlich zu treten und nicht mehr so auf den Untergrund achten zu müssen.

Ich glaube, ich bin eher so der Fein-Graveler, nicht so sehr der Fast-MTB-Graveler 🙂

Trotz meinem Gejammere – ein super toller Track. Viele neue Querverbindungen, genug Möglichkeiten zur Versorgung unterwegs, mir hat es richtig Spaß gemacht – Danke, Kathi Sigmund für die enorme Arbeit, 180km zu scouten und dann noch größere Veränderungen im Blick zu behalten.

Das war sicher nicht der letzte Orbit360 in 2022, den ich gefahren bin.

Übrigens, Graveln ist offiziell Vollkontaktsport:

dreckige Beine

180km stecken in den Beinen 🙂

Statistik:

Die Tour bei Komoot:

Die Tour bei Veloviewer:

Veloviewer
Die Tour als Video:

Marsian Mountains – na, fast

Es gibt seit Corona eine Gravel-Rennserie, die es auch unter Coronabedingungen möglich macht, sich mit anderen zu messen.

Hä?

Gruppen-Spocht oder gemeinsame Ausfahrten machen fand in 2020 und in Teilen von 2021 nicht statt, weil gefährlich und verboten.

Aus diesem Grund hatten ein paar Leute die Idee, alle Interessierten auf den gleichen Strecken zu individuellen Zeitpunkten gegen sich selbst fahren zu lassen und hinterher die Zeiten zu vergleichen, weil es ja irgendwie kompetetiv sein muss (bei den meisten).

Es wurden in ganz Deutschland Strecken mit den folgenden Eigenschaften ausgekundschaftet:

  • es geht viel über Stock und Stein – mit einem Gravelrad (quasi ein Rennrad mit Treckerreifen und meist etwas besseren Haltungsnoten für den Betreiber) oder einem leichten Moutainbike.
  • Strassen (so wie in Rennrad oder Auto) gibt es eigentlich nur zum Überqueren oder zum in den nächsten Feldweg abbiegen.
  • Die Strecken gehen durchs Grüne, meist durch landschaftlich besonders schöne Abschnitte.
  • die Strecken sind Rundkurse
  • man kann überall auf dem Rundkurs einsteigen und fährt dann eben wieder bis zu diesem Punkt. Neu in 2021: man darf auch gegen den Uhrzeigersinn fahren 🙂
  • die Strecken sind so angelegt, dass entsprechend ambitonierte Radler diese an einem Stück fahren können – von 150 bis 220km.

Diese Art von Rennen sind selfsupported, d.h., es gibt kein Team, kein Begleitfahrzeug, man darf keine Wartungs- oder Fressposten an der Strecke platzieren, man fahrt das eben allein (oder seit 2021 auch zu zweit) und regelt alles, was damit unmittelbar zusammen hängt, selbst.

Das ganze nennt sich als Serie Orbit360 und hat natürlich ne Webseite, eben https://orbit360.cc/ und ist in der Ruckelrad-Szene eingeschlagen wie eine Bombe.

So sehr, dass es zum Ende der Serie richtig in Arbeit ausgeartet ist, die Ergebnisse zu erfassen und auszuwerten – es gibt einen schönen Podcast dazu in der Wundersamen Fahrradwelt.

Anscheinend sind Gravelfahrer etwas individualistischer (lies: Eher nicht in Radsportvereinen organisiert) unterwegs, zugleich bringt genau so eine Organisation alle, die sich irgendwie zur Szene zugehörig fühlen, zueinander. Das ist toll.

Die Strecken (es gibt in jedem Bundesland eine) sind auf komoot zu finden, und da komme ich dann als bekennender Nichtkompetetiver ins Spiel – man kann diese sehr gut gescouteten Strecken natürlich auch ausserhalb des Fensters, in denen es Wertungen gibt, abfahren – zum Vergnügen.

Möchte man an der Wertung teilnehmen, zahlt man (für alle Orbits zusammen, egal, wieviele man fährt) ein geringes Startgeld und muss latürnich exakt auf dem gescouteten Track bleiben, oder wenn man von ihm abweicht, um Einzukaufen, wieder an der gleichen Stelle auf den Track zurückkehren. Im Anschluss lädt man einen eigenen Track hoch, der dann gegen den Master gedifft wird, um in die Wertung zu kommen. Mehr zu den Wertungsdetails und alles andere wichtige gibts auf der Orbit360 Webseite.

Ich will nicht ausschliessen, dass ich da nächstes Jahr auch im Rennzeitraum mitmache, aber dieses Jahr hatte ich kein dafür geeignetes Rad, das hat sich ja nun geändert.

Deswegen bin ich am Freitag mal zur Probe einen Orbit gefahren – Hamburg hat das Glück, gleich drei Orbits zu haben, den Hamburger (logo) und aber auch den schleswig-holsteinischen und den niedersächsischen, und den bin ich gefahren – er geht 5km von unserer Wohnung los.

Mich hat interessiert, wieviel mehr Kraft es kostet, wenn der größte Teil der Strecke keine geschlossene Decke hat (Spoiler: Boah, erheblich), wie das mit den Höhenmetern ist und ob ich das überhaupt bringe.


Also – the Marsian Mountains ~160km, ~1200 Höhenmeter, Ende September mit Tageslicht von grob 07:00 bis 19:00 Uhr, also 12 Stunden Zeit, um das zu schaffen.

Das Wetter war eher so naja – zumindest sollte es nicht regnen. Ich bin kurz vor halb acht losgefahren, erstmal zum Track.

Mein Einstiegspunkt in den Track waren die Harburger Berge, auf breiten, verdichteten und damit gut fahrbaren Waldwegen, aber dafür gings auch schon mal ganz schön hoch und runter, ich hatte gleich hier den höchsten Puls des Tages 🙂

Harburger Waldwege

Bare with me, das Haupteinstellrad der Kamera verschiebt sich leider sehr leicht, wenn ich sie aus der Tasche ziehe. Wenn ich auf dem fahrenden Rad sitze und es ruckelt, bemerke ich das nicht immer und dann kommen technisch nicht ganz einwandfreie Bilder wie das oben raus.

Das Wetter war weiterhin so lala, einmal kam die Sonne raus, da musste ich natürlich anhalten und ein Foto machen.

Sonne!

schön hier, vor allem mit Sonne

Ein Teil der Wege sind seit dem Scouten für den Track ganz schon zugewachsen, so zum Beispiel hier – da ging dann nur schieben, aber immerhin hab ich kein Wasser in die Schuhe bekommen.

Matschepampe und Nature is healing

Ab und zu ein paar asphaltierte Abschnitte

Ich lernte die paar asphaltierten Abschnitte echt schätzen – mal Lenker locker halten oder ganz los lassen und den Körper durchstrecken und einfach locker weiter pedalieren.

Schutzbleche, so geil.

Ich mag ja Schutzbleche. Sonst hätte ich deutlich mehr Sand zwischen den Zähnen gehabt und Schmodder überall.

Waldpfade

Sandweg mit Seitenstreifen

Hier spricht die Sahara – zum Glück mit einem gut fahrbaren Seitenpfädchen. Eigentlich hab ich nix gegen Pferde, aber einige Reiter scheinen echt doof zu sein und mit Vorliebe Wege zu zerreiten, an denen große Schilder mit durchgestrichenen Pferden angebracht sind.

Jochens Schutzhütte mit Hüttenbuch

Mein erstes Päuschen – an dieser Hütte konnte ich nach dem ersten Junkeinkauf an einer Tanke nicht vorbei fahren.

Ich musste erst etwas unangemessene Wahlwerbung entfernen, aber dann war es dort ganz schön zum Pausieren (nach etwa 47km).

Der Snackvergleich

Ich habe dort einen Vergleichstest durchgeführt zwischen dem Allstar in der Kategorie Salami im Schlafrock Bifi Roll XXL und seinem neuen Herausforderer Vegetarischer Mühlensnack im Teigmantel. Das schreib ich aber noch mal gesondert auf – vorweg nur schon mal, das Rügenwalder dringend an einem schmissigeren Namen arbeiten muss.

Eichenlaub – eine invasive Laubart

Als dann Laub anfing, um meine Laufräder zu wuchern, bin ich weiter.

Bald gab es dann den ersten Heideartigen Blick und auch heideartige Wege.

Diese schmalen, sandigen Wege brauchen viel Aufmerksamkeit, sie sind fast immer gut fahrbar, aber es gibt viele Wurzeln und Löcher und manchmal ziemlich schlecht lesbare Sandflecken.

Je heller der Sand wird, desto größer die Chance, eine spontane Bodenprobe zu nehmen.

Wenn ich mir Zeiten von den ‚richtigen‘ Orbitern ansehe, die hier lang sind, frage ich mich, ob die neben mehr Kraft (sicherlich) auch entweder sehr viel besseres Fahrkönnen, mehr Mut oder einfach nur mehr Stollen am Reifen haben.

Vielleicht bräuchte ich für sowas wirklich ein etwas gröberes Profil auf den Reifen. Lenker entlasten bringt aber schon mal ne Menge.

Ich war absichtlich an einem Freitag unterwegs, ahnend, das auch in der Offseason am Wochenende viele Menschen mit schwer vorhersagbaren Bewegungsmustern unterwegs sein würden.

Season: Die Heide blüht Ende August/Anfang September, dann ist die Heide voller Menschen. Es ist wirklich wunder wunderschön, gerade am sehr frühen Morgen (und bei Sonnenaufgang auch nicht voll).

Wenn die Heide blüht (Archivbild – klick aufs Bild öffnet mein Heide-Album)

Es war auch schon an einem Freitag ganz schön was los, ein Wochenende will ich mir dann lieber nicht vorstellen.

Besonders um Attraktionen herum, z.B. eine Herde Heidschnucken und deren sehr traditionell gekleideten Schäfer waren immer Menschen, die dann auch alles andere in der Nähe leicht vergessen.

Heidschnucken und Ziegen bei der Arbeit

Die Beweidung mit Schafen (und Ziegen) ist wichtig zur Landschaftspflege in Heidelandschaft, weil die Tiere viele Triebe verbeissen und damit das Nachwachsen von größeren Pflanzen verhindern. Ohne die Herden würde die Heide schnell verbuschen und dann verwalden.

Der Track führt auch am Rande des Möhrer Moores entlang, hier über einen dafür angelegten Steg. Bestimmt geil, wenn es nass ist.

Kurz vor Schneverdingen bin ich vom originalen Track abgewichen und nach Schneverdingen reingefahren, um nach 86km mal wieder eine längere Pause zu machen.

Der kleine Dönerteller. Bin froh, dass ich nicht normal oder groß bestellt hab

Nach dem wirklich leckeren (kleinen) Dönerteller hab ich mir beim Bäcker nebenan auch noch ein paar Teilchen für unterwegs gekauft und meine Zuckerwasservorräte aufgefüllt.

Das ist der eigentliche Grund fürs Radfahren. Ich nehm gerade ab, aber beim Radfahren verbrenne ich so viel, dass ich sowas ohne Bedenken essen kann 🙂

Gerade Cola – was ich im Alltag gar nicht mag und deshalb meide – ist auf dem Rad super cool. Akku alle, Cola drauf, nach 5 Minuten fühlt man direkt den jungen Gott in sich und holpert den nächste Anstieg mühlos hoch.

Mit mäßig vollem Bauch zurück zum Track – und endlich wieder nordwärts. Inzwischen war es auch schon deutlich nachmittags und mir kamen erste Zweifel, ob ich es auf dem geplanten Track nach hause schaffen würde, ohne im Dunklen durch den Wald fahren zu müssen.

Seit Schneverdingen hatte ich nun Rückenwind, da rauben lose Kieswege, auf denen sich der Kies unter den Reifen bewegt, schon mal weniger Kraft, als wenn man noch deutlich Wind von vorne hat.

Das Scouting ist wirklich super. Die Wege sind abwechslungsreich und schön. Und die Abwechslung macht es auch spannend. Was kommt als nächstes? Gibts mal wieder einen Abschnitt zur Arm-Entspannung, eine Matsch- oder Sandkuhle? Waldautobahn? Kopfsteinpflaster?

DIE Attraktion in der Lüneburger Heide ist natürlich neben dem lila Heideblühen des Heidekrauts der Wilseder Berg, eine Erhebung von ~160m.

Der Weg dort hoch ist im letzten Stück zwar auch steil, aber das eigentliche Problem, mit dem ich gekämpft habe, war der lose Untergrund, auf dem man irgendwie Traktion übertragen muss – ahja, und mit idiotischen Menschen mit Ebikes, die im Weg rumstanden und noch dumme Sprüche machten.

Ich bin unter leichtem, kontinuierlichen Fluchen hochgefahren, die Rohloff machte es möglich.

Das ist übrigens auch meine Kurzzeitdiebstahlsicherung an der Tanke – Rad in den 1. Gang drücken. Wenn damit einer mit dem Rad abhauen will, denkt er, er hat den Leerlauf drin, so absurd gering ist die Entfaltung. Und wie man bei meinem Rad schaltet, ist einem Gelegenheitsmitnehmer auch erst mal nicht klar 🙂

Outdoor-Menschen am Gedenkstein

Oben auf dem Berg auf einer Bank sitzend und ein Teilchen verdrückend kommt doch tatsächlich einer von den auf dem Weg Rumstehern an und fragt, was das für ein Motor sei, wo der sei, und wo er den kaufen könnte, und er sei so schön leise.

Hab ihn erst nicht verstanden.

Hab ihm, als ich verstanden habe, dass er das komplett ernst meint, erklärt, dass das hinten in der Nabe das Schaltgetriebe ist, und das vorne in der Nabe ein Dynamo – beides keine Motoren. Hat er mehrfach nicht geglaubt. Hab ihm dann erlaubt, das Rad hochzuheben, damit er das Gewicht der Akkus besser fühlen kann.

Blick vom Wilseder Berg nach Süden

Weiter Richtung Heimat, und es wurde schon merklich donkler. Nun gab es ein paar kurze für mich nicht fahrbare Abschnitte – zu tiefer Sand, zu wenig Fahrpraxis damit (und wahrscheinlich wirklich etwas wenig Profil), aber bei dem Sandloch auf dem folgenden Bild hätte mich das auch nicht gerettet, glaube ich.

Sandloch

Zum Glück hab ich auch hier keine Bodenprobe genommen.

Manchmal hab ich mich gefragt, was für ein Sadist sich diesen Track ausgedacht hat. Man keult nen Berg hoch (oder man nähmaschint, je nach Untergrund), und dann kann man nicht mal auf der anderen Seite runter sausen (also ich nicht), weil da ein Sandweg mit schlimmen Wurzeln ist. 🙂

Zum Beispiel geht es einmal über den Brunsberg, knackig hoch und genauso knackig runter. Es gibt da noch zwei weitere Wege, die sahen erstmal flowiger aus. 🙂

Auffahrt zum Brunsberg

Danach hab ich keine Bilder mehr gemacht, es wurde einfach zu schnell dunkel und ich wollte nicht mehr so oft anhalten, ich musste weiterkommen und fertig werden.

Kurbel kurbel kurbel.

Der Körper fühlte sich immer noch ganz gut an – davor hatte ich Schiss, also vor Kontaktstellenaua: Arschweh, Handweh, Fußweh, Schüttelweh. Das war aber ok.

Mein Endgegner war nicht direkt Körper, sondern der (Nicht)Belag der Strecke – das machte mir echt zu schaffen und verlangte trotz zunehmender Müdigkeit viel Konzentration.

Nach einem 5km Stück komplett gerader Waldautobahn hab ich den Originaltrack nach 144km verlassen. Es wurde dunkel, und ich wollte nicht noch weitere Abschnitte über Wurzeln und Sand oder tiefen Kies fahren, weil das im Scheinwerferlicht durch die Schatten zwar gut sichtbar, aber auch durch die Schatten für mich nicht mehr gut lesbar war. Ich hab mich entschieden, zur nächsten Landstrasse zu fahren, und dann auf Radwegen oder Strasse nach hause zu ballern – Kraft hatte ich noch genug.

Interessanterweise ist mein Schnitt auf diesem letzten Abschnitt enorm gewachsen – von im Durchschnitt 16km/h vorher zu einem 19er Schnitt. Der Belag macht echt tierisch was aus, mehr als ich mir bisher eingestanden habe – ok, und rein nach Harburg ging es auch mehr bergab als bergauf, und ich konnte bergab richtig Hafer geben.

Fahrzeit, nicht Gesamtzeit! Die war 12,5 Stunden.

Die besten Finisher sind diesen Orbit in etwas über 5 Stunden, also mit einem Durchschnittstempo von 31km/h !! gefahren. Ich glaub, da wäre ich vor Angst gestorben (vor allem Berg runter und beim Beinahe Umfahren von Passanten und Hunden), mal abgesehen davon, dass ich auch auf der Strasse nicht für 5 Stunden einen 30iger Schnitt fahren kann. Vielleicht für eine, und dann ist direkt Licht aus.

Da ist also noch Luft nach oben 🙂

Insgesamt hat mich diese Runde in meinem Tempo sehr glücklich gemacht. Auch sehr durchgeschüttelt (Schüttelschmerz im Winkfleisch!), aber ich weiß nun, dass ich 160km in 12 Stunden mit großzügigen Pausen zum Gucken wegtreten kann, auch wenn die Strecke ruppiger und hügliger ist als ich mir das selbst aussuchen würde.

Heute (einen Tag später) tut mir etwas der tiefe Rücken weh (aber da hab ich eh ne alte Kriegsverletzung) und als ich vorhin ~5km mit dem anderen Rad gefahren bin, hab ich deutlich die Arschknochen gespürt. Auf dem Rad hab ich den gleichen Sattel drauf, hatte aber ne Alltagshose ohne ‚Leder‘ an.

Ich muss dann wohl doch fleissig trainieren und vielleicht auch etwas profiliertere Reifen aufziehen, und dann die anderen Orbit-Tracks hier in der Umgebung wegfahren…

Yay.


Die ganze Tour bei komoot:


Oder als Video (Relive):