Archiv für den Monat: Februar 2020

Côte de Granit Rose

Der Plan war, mal wieder Richtung Osten zu fahren, am Besten mal ein ordentliches Stück. Wir sind deshalb Richtung N12/E50 gefahren.

Route Nationale Strassen sind meist zweispurige, gut ausgebaute Landstraßen mit Autobahncharakter ohne Maut.

Nicht N-Strassen sind alles zwischen bei schneller als 30km/h fallen einem Plomben raus mit Haarnadelkurven und Querverkehr bis zu entspannt mit 80km/h zu befahrenen Vorfahrtsstrassen mit ab und zu Kreischverkehr.

Googlemaps fährt am liebsten den kürzesten Weg, und dafür auch mal gerne durch ein Wohngebiet mit Drempeln oder folgt eben genau nicht die Innenstadtumfahrung, sondern muss mitten durch. Toll, man sieht viel mehr von den Orten und auch mehr genervte Gesichter, warum der nu mit seinem Camper da durchklötern muss…

Um etwas Strecke Richtung Hamburg zu machen, also Route Nationale und einfach fahren. Doch nach nur 60km ein Schild mit Puffins/Papageientauchern. Wir lieben Puffins.

Also sind wir nach kurzer Beratschlagung vom Plan abgewichen und nach Ploumanac’h gefahren, da gibt’s auch nen Leuchtturm, und Leuchttürme hatten wir ja noch nicht so viele. (Es gibt hier einige Ortsnamen, die direkt aus dem Klingonischen stammen.)

Dort gab es dann gar keine Puffins, aber eben roten Granit und nen Leuchtturm.

Noch mal näher…

Es war ausgesprochen sonnig.

Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.

Die Puffins sind wohl auf einem der Felsen da draussen, auch gut.

Achja, keine Bonker.

Bonker!

Irgendwie ist hier alles voller Nazibonkers; man kann sich dem kaum entziehen, wenn man an der Küste unterwegs ist, die Anlagen des “Atlantikwall” schützten natürlich besonders die (Marine)häfen gegen die andere Fraktion.

Irgendwo guckt dann doch die inzwischen vertraute, auf einer Seite leicht abgerundete, etwas erodierte Betonform heraus. Eine Anlage wollten wir noch bewusst sehen, und zwar die U-Boot Bunker von Lorient, Keroman I bis IV.

Lorient war neben La Rochelle, St. Nazaire und Brest der größte Standort der Atlantikflotte der deutschen U-Boote. Um die U-Boote wieder fitt für die nächsten Einsätze machen zu können, ohne sich dabei zusehr um die Luftangriffe der Allierten kümmern zu müssen. wurden riesige, verbunkerte Werftanlagen gebaut. Lorient nimmt eine Sonderstellung ein, die meisten Liegeplätze für U-Boote waren dort an Land und nicht in Boxen schwimmend. Dafür wurden die Boote auf einer verbunkerten Slipanlage an Land gezogen und dann auf einem Schienensystem in eine Werfthalle verfahren (siehe verlinkten Artikel).

Leider war das Museum zu. So sind wir selbst etwas herumgestromert, aber in viele Gebäude/Bunker kommt man so nicht rein.

In Lorient werden die Bunker inzwischen zivil genutzt, ein Abriss wäre nicht bezahlbar gewesen. In Frankreich ist Seesegeln als Leistungssport sehr populär, viele der bekannten Teams haben hier ihren Stützpunkt, und eine Menge Betriebe aus dem maritimen Bereich sitzen ebenfalls hier.

Danach sind wir weiter nach Norden gefahren, wir sind jetzt auf einer Halbinsel südwestlich von Brest, ebenfalls ein Kriegshafen – und wieder Bunker 🙂

Allerdings gibt es hier auch endlich mal eine viel ältere Befestigungsanlage zum Schutz der Einfahrt – wer Hornblower gelesen hat, dem kommt das alles sehr bekannt vor – dieser fiktive britische Seeheld hat zwischen Le Havre und Quiberon seine ersten Jahre als Kommandant im Blockadedienst an der französischen Küste verbracht.

Ein paar Eindrücke von den Klippen Camaret-sur-Mers:

Ist das etwa Sonnenschein

Wir sind in Saint-Jacut-de-la-mer und waren am Stand spazieren. DIE SONNE HAT FAST DEN GANZEN TAG GESCHIENEN!!

Zwischendurch konnte man ohne extra Jacke und ohne Schal nach draußen gehen! Wir haben sogar etwas geschwitzt! Ekelhaft.

Ich habe ein sehr altes Liebesschloss gefunden, den gefährlichsten Zugang zum Strand (mit extra Pforte abgesperrt), einen super bequemen Abstieg für Wassertaufen und, achso, auch eine ganz hübsche Aussicht, irgendwie.

Auf dem Weg dahin fuhr vor uns ein sehr optimistischer Heuwagen, der weiß wohl wie hoch genau die Kabel auf seiner Strecke hängen.

Und wir sind über Wasser gefahren, also fast. Irgendwie kam es auf jeden Fall von links und rechts auf die Straße gelaufen…

Landestypisches Essen (& Trinken)

Neben unserem heutigen Bauernhofparkplatz ist ein echtes Château, in dem alkoholisierte Getränke aus Apfel verkauft werden.

Spiegel-Selfie mit Calvados aus der Region

Zum auch noch erstandenen Cidre gab es zwei Klassiker der normannisch/bretonischen Küche: Boudin blanc & Boudin noir.

Erstes ähnlich einer Weißwurst, geschmacklich kräuteriger, gewöhnungsbedürftig für unsere deutschen Geschmacksnerven. Zweites Typ Blutwurst, etwas anders gewürzt. Kaufen wir nochmal, gibt es dann mit Apfel-Zwiebel-Pfanne.

Invasion

Wir sind seit gestern an den Hauptlandungsstränden der Alliierten in der Normandie und haben uns die Reste von mehreren deutschen “Atlantikwall“stellungen, den improvisionierten Truppennachschubshafen Mullberry B (von dem immer noch ziemlich viel erkennbar ist) und einige Museen und Gedenkorte angesehen.

Mich hat besonders Mullberry B beeindruckt, ein kompletter Hafen (der deutsche Wikipediaartikel ist sehr kurz), aus Elementen in England seit 1942 entwickelt und gebaut und dann über den Kanal geschleppt und bereits 3 Tage nach Baubeginn (am 7. Juni) konnten dort Schiffe entladen werden.

Eine wahnsinnige Ingenieurs- und Installationsleistung, so etwas unter feindlichen Beschuss, Zeitdruck und nicht zuletzt einer brutalen See heil über den Kanal und zusammengepuzzled zu bekommen. Naja, 40% ist unterwegs wegen rauer See abgesoffen, Mullberry A (weiter westlich, im Landungsgebiet Omaha Beach) hat es am 19. Juni zerlegt, aber Mullberry B hat noch lange, nachdem auch Städte mit größeren Hafenanlagen erobert wurden, gehalten und wurde auch weiterhin benutzt.

Reste des künstlichen Wellenbrechers von Mullberry B vor Arromanches-les-Bains

Es gibt sehr viel Kunst zum Thema Landung und dem tausendfachen Tod in dieser Region, mir hat ein Denkmal richtig gut gefallen, auch in Arromanches-les-Bains:

Wir waren auch an deutschen Stellungen, die zwar gut gegen Luft- und Seeangriffe verbunkert waren, aber kaum gegen Angriffe aus dem Hinterland geschützt. Interessant ist die Rezeption, je nach dem, wer an diesem Abschnitt gelandet ist.

Eine Stellung im britischen Landungsabschnitt (nicht weit vom Mullberry Museum und von dort empfohlen – Batterie Allemande de Longues-sur-Mer) hat einen Parkplatz, eine Schautafel mit einer Geländeübersicht und der Bitte, vorsichtig zu sein und sich nicht zu verletzen. Ansonsten verbinden Wirtschaftswege die Kasematen und den Komandoposten. Wenig Erklärungen zu den Kanonen, wer hier wie lange gehaust hat, wer die Bewohner verjagt hat und sowas. Die Bunker sprechen einfach für sich.

Besonders krass im Gegensatz dazu ist Pointe du Hoc.

Ein Kap mit einer ebenfalls verbunkerten Stellung von erbeuteten französischen 155mm Geschützen, die in der Lage waren, die Landungsstrände der Amerikaner zu beschiessen (wie die andere Stellung den Abschnitt der Briten). Aus diesem Grund gab es eine entsprechende Komanndoaktion in der Nacht vor dem D-Day.

Wir haben es eher zufällig entdeckt (braunes Sehenswürdigkeitenschild Richtung Küste). Riesige, asphaltierte, breite Parkplätze, ein Wachmann mit dicker Sonnenbrille vor dem Museeumsgebäude, alle Erklärungen erst auf englisch, dann auf französisch. Insgesamt sehr amerikanisch, fein geschotterte Wege, Darstellungen weit über das Beschreibende hinaus in schwer erträgliches Überheroisches.

Im Nachhinein stellt sich dann raus: Jo, ist sogar amerikanisches Territorium. Hat sich auch genau so angefühlt, und deswegen auch die breiten Reifen.

 

Wir haben jetzt erstmal genug Invasion und Lust auf Cidre.