Archiv für den Monat: Mai 2023

Rügen im Mai – Ferienhäuschen in Breege

Das Inselteam, das gemeinsam seit vielen Jahren (meist) auf Inseln gelegene Ferienhäuser ausprobiert, war Anfang Mai auf Rügen.

Nach unserem erfolgreichen Versuch, mit Bahn und Rad auf Amrum Urlaub zu machen, waren wir nun auf Rügen –  unser Teil des Inselteams wieder mit Bahn und Rad, der andere Teil ist mit dem Auto angereist.

Der nördliche Teil von Rügen (Wittow, das ein bißchen aussieht, wie der Kopf vom Alien) hat allerdings keine Eisenbahn. Wir haben geplant, von Lietzow aus nach Breege zu radeln, allerdings fuhr der geplante Zug einfach nicht, wir sind dann von Bergen aus geradelt, statt 26 dann 36km.

Falls Ihr mal sehr früh einen Zug mit Fahrradticket bucht, und Euch die Bahn irgendwann mitteilt, dass Eure Verbindung nicht mehr funktioniert, und ihr umbuchen sollt:

      • Das geht nicht so ohne weiteres mit einer Fahrradreservierung, dafür muss man bei einer speziellen Nummer (030 2970) anrufen, und dort gerät man unter Umständen trotzdem an inkompetente Leute und man muss sich dann leider zur Schichtleitung hochbrüllen. Ärgerlich, Bahn.
      • Prüft erstmal, ob sich in zeitlicher Nähe zur alten, eigentlich gebuchten Verbindung ein Zug findet, der die gleiche Zugnummer hat – die Reservierungen sind an die Zugnummer gebunden, die gelten also auch in diesem Zug, selbst wenn er nun zu leicht anderen Zeiten fährt.
      • die restlichen hässlichen Details erspare ich euch.

Wir sind von Bergen aus durch einen blühenden Märchenwald gefahren:

Leider war später, auf der von mir geplanten Strecke die Wegbeschaffenheit teilweise sehr sandig und/oder wurzelig (schlechter, als aus den OSM-Daten ersichtlich), sodass vor allem Nadja Probleme hatte, mit dem voll bepackten Rad da gut durchzukommen. Alternativ hätte es natürlich einen Fahrradweg entlang der B gegeben, aber das nervt aus anderen Gründen (Frost- und Wurzelaufbrüche galore, Autolärm).

Unser Ferienhaus ist teil eines Ferienhausrudels in ähnlicher Bauweise (relativ neu, mit Reetdach) in Breege, direkt am Bodden.

Unterwegs auf Rügen

In den nächsten Tagen haben wir uns natürlich etwas umgesehen, so waren wir latürnich am Kap Anakonda (wir haben gelernt, dass man auch total ironiefrei von ’nach Askona fahren‘ sprechen darf) und in Vitt (ein ‚Fischer’dorf an der Nordostküste) zum Kuchen essen.

An der Nordküste Rügens

An der Nordküste Rügens

Kuchenpause in Vitt

Wir haben immer genug Wege und auch Strassen gefunden, die wir einigermaßen auto- und stressfrei befahren konnten – alleine der Radweg entlang der B an der Schaabe – die schmale Verbindung von Wittow mit dem Rest Rügens – ist nur mittel gut befahrbar und müsste echt mal ne neue Decke bekommen.

Baumwipfelpfad

In der Nähe von Prora gibt es einen Baumwipfelpfad, also einen Weg durch einen Wald auf Wipfelhöhe der dort stehenden Bäume.

Der ganze Pfad ist so angelegt, dass man ihn auch im Rolli befahren kann, am Anfang gibt es sowas ähnliches wie eine Parkhausauffahrtsspirale, nur eben mit einer Steigung, die ein Rolli hochgeschoben werden kann.

Der ganze Pfad schwankt leicht hin- und her, das merkt man vor allem, wenn man mal stehen bleibt.

Als Höhepunkt gibt es eine weitere Spirale, die bis über die Wipfelhöhe hinausführt und einen großartigen Blick über die Insel ermöglicht.

Auf dem Pfad kann man ne Menge über Eiszeiten, Tiere im Wald und die Entstehung von Rügen lernen, es gibt auch noch eine Ausstellung, die erschien uns aber etwas ohne roten Faden.

Am gleichen Tag waren wir auch noch kurz in Prora selbst, dass durch den gigantomanischen, ursprünglich 4,5km langen Kraft-durch-Freude-Nazi-Seebad-Bau bekannt ist.

Von der Landseite wird einem der Wahnsinn nicht mehr so bewußt wie in den 90igern, da vor und hinter dem Gebäude blickgnädige Kiefernwälder wachsen, die die Gesamtausmaße ganz gut verdecken.
Von der Seeseite – vom Wasser aus, in einiger Entfernung – wird einem die Größe der Anlage jedenfalls sehr viel bewußter, weil man das Gebäude komplett sehen kann.

Beton, es kommt drauf an, was man draus macht!

Ein Teil der Anlage verfällt, in einem Teil sind Ferienwohnungen, eine Jugendherberge und weitere Nutzung(sversuche).

Königsstuhl / Stubbenkammer

Rügen ist vor allem bekannt für seine Kreidefelsen, und obwohl das Kap Arkona an der Nordost-Ecke Rügens auch aus Kreidefelsen und Steilküste besteht, sind die Kreidefelsen am Königsstuhl im Nationalpark Jasmund am spektakulärsten und seit der Romantik mit ihrer nahezu religiösen Naturverehrung am bekanntesten. Da mussten wir also hin, und dahin sind wir dann auch wieder mit dem Rad gefahren, das sind gut 23km, nach einer langen flachen Strecke geht es irgendwann nur noch bergauf. Da bin ich dann doch etwas neidisch auf Nadjas Stromrad gewesen.

Der nagelneue Skywalk über dem Kreidefelsen namens Königsstuhl

Der Nationalpark ist autofrei, es gibt ein paar große Parkplätze an den Aussengrenzen, von denen aus Busse zum Nationalparkzentrum fahren (man kann natürlich auch 3km laufen). Der Fahrradverkehr ist auch ganz gut vom Fussverkehr getrennt, da hat sich jemand nen Kopf gemacht.

Das Nationalparkzentrum besteht aus einem Museum mit Souveniershop und Ausflugslokal und dem nagelneuen Skywalk. Früher konnte man direkt auf den Königsstuhl laufen, aber die Kreide verändert sich, es stürzen immer wieder größere Teile der Kreidefelsen ab, und um die Belastung und Gefährdung gering zu halten, kann man nun auf einer elipsenförmigen Hängebrücke über die Schlucht und den Königsstuhl laufen und hinab gucken.

Blick vom Skywalk nach Süden

Das Museum lohnt sich aus unserer Sicht, weil es individuelle Audioguides bereit hält, die einen durch die Erdzeitalter, Eiszeiten, Pflanzen- und Tierwelt bis ins Heute führen. Für Kinder gibt es eine parallele Tour, die ganz andere Schwerpunkte setzt.

Mit Kreide auf Du und Du

Müllmöwe

Auf dem Rückweg geht es erstmal hauptsächlich bergab, diesmal folgen wir einem der ausgeschilderten Radwege.

Wittower Nordwesten

Ich bin auch noch mal alleine, etwas zügiger unterwegs gewesen und habe  an einem sonnigen Abend den Nordwesten von Wittow, die Steilküste, den Sand und die Rapsblüte genossen.

Hiddensee mit dem Dornbusch

Küste bei Kreptitz

Raps, Raps, Raps

Rapsallee

Raps?

Essen und Trinken

Wir waren ein paar Mal essen, und hatten auch ein paar Mal Fischbrötchen so zwischen durch, und natürlich auch Kaffee und Kuchen.

Die Preise sind durchgehend eher hoch und der Service und die Qualität sehr unterschiedlich und spiegeln sich nicht im aufgerufenen Preis wieder. Zwei Stück Großbäckerei-Blechkuchen (siehe Bild oben) plus Tee/Kaffee 14 Euro im Selfservice ist schon ne Ansage, vor allem, wenn man sich beim Bestellen wie ein Bittsteller, der aus Versehen ein Gespräch der Angestellten unterbricht und nicht wie ein Kunde vorkommt.

Nix gegen Großbäckerei-Blechkuchen – der war lecker, es geht mir um den Service, den ich bei so einem hohen Preis erwarte, und der nicht vorhanden war 🙂

Gleichzeitig schaffen es die, die wirklich guten Service bieten, es nicht, entsprechend einen höheren Preis aufzurufen. Ich nehme an, weil das Preisniveau schon echt hoch ist. Das ist ein bißchen schade.

Selbstredend ist der Fisch überall als fangfrisch und direkt vom Kutter-Kurt (persönlich bekannt und im Beisein einer Bezugsperson geschlachtet) deklariert – was mal abgesehen vom heimischen Hornhecht (der uns aber nur einmal angeboten wurde) einfach grundsätzlich nicht stimmt. Und ich finde, es wäre auch kein Problem, das zuzugeben. Aber vielleicht wollen die meisten Touris das ja wirklich hören.

Fish&Chips

Bei Fischbrötchen das gleiche. Wir hatten epische, aber auch matschige mit eingelegtem Sauergemüse dabei – immer zum gleichen Preis.

Sonnenuntergang im Breeger Bodden

Sonstiges

Die Tradition verlangt es:

WallE muss auf den Schoss, so will es das GESETZ

Nadja hat einiges gemalt, ich hab vor allem gelesen und in der Gegend rumgestanden.

Es war insgesamt eher kühl und die ganze Zeit ziemlich windig, und auf dem

Rückweg

hat es tatsächlich fies gestürmt und geregnet. Wir sind mit den Rädern zurück nach Lietzow gefahren und sind dabei ganz schön nass geworden.

In Lietzow waren wir viel zu früh für unseren Zug und es gab auf dem Bahnhof (naja, Bahnsteig trifft es eher) nix zum windgeschützten Unterstellen. Auf Nachfrage bei der netten Schaffnerin des Gegenzuges durften wir schon in den Zug, der zu dem Zeitpunkt noch in die falsche Richtung fuhr, einsteigen und bis zur Endstation mitfahren – vielen Dank dafür!

Nasses Zeug trocknen in der RB

Ab Stralsund sind wir dann ICE gefahren, allerdings ist das Fahrrad’abteil‘ dort so beknackt designed, dass keines unserer Räder (ziemlich unterschiedlicher Bauart) in die vorgesehenen zwei höheren (2 von 3) Halter gepasst hat. Ich würde wirklich gerne wissen, mit welchem Musterrad die Spezialexperten das vorher ausprobiert haben.

Insgesamt hat sich die Art der An- und Abfahrt mit Bahn und Rad aber für uns bewährt – für eine Woche bekommen wir genug Zeug transportiert, dass es auch noch für Malzeug und je einen Computer reicht, und vor Ort sind wir dann einfach mobil.

Ich mecker ja immer gerne über die Bahn, aber das ist ja auch schon das Komplettpaket mit Spiel, Spaß, Spannung für sagenhafte 36 € (mit Rad und  größtenteils ICE) pro Richtung – das ist selbst mit einem eigenen, abgeschriebenen Auto schwierig.

Unsere Radstrecken auf Komoot:

Aufs Bild klicken öffnet den Link

Update Schaltzughaltbarkeit Rohbox

Sorry, Techtalk. Ein Urlaubsbeitrag ist in Arbeit 🙂

 

Im März 2022 habe ich beschrieben, dass mir nach sehr kurzer Zeit (2.000 bzw. 2.600 km) beide Schaltzüge meiner Rohbox – eine Konstruktion, um eine Rohloff-Getriebenabe mit Rennlenker-Bremsschalthebeln zu fahren – gerissen sind.

Mir ist das 2.000 km später leider erneut passiert – und da war ich relativ sicher, dass die Zugkräfte so gering wie möglich waren. Ich war ziemlich genervt (deswegen hab das auch nicht ins Blog geschrieben), und hab nochmal Kontakt mit Georg Blaschke, dem Hersteller der Rohbox aufgenommen und im Netz recherchiert.

Anscheinend war ich nicht der einzige, der dieses Problem hatte – in einem Forum hab ich noch ein paar Betroffene gefunden und nach dem oben verlinkten Artikel hat sich auch ein weiterer Leittragender direkt bei mir gemeldet, und gefragt, ob ich ne Lösung gefunden habe.

Georg hat mir damals geschrieben, dass er Probleme mit zu geringer Flexibilität der verwendeten (original Campa) Bowdenzüge vermutet – nach seiner Erfahrung sollten die Züge durchaus länger halten. Und mir gleich Züge beigelegt, die sich direkt beim Anfassen viel lehniger und geschmeidiger anfühlen.

Tatsächlich brechen die Züge ja ungefähr 5-7mm von der Bommel, also da, wo die Züge bei Benutzung auf eine Spule/Kreisbahn mit sehr kleinem Radius gezogen werden. Interessant ist, dass das mit normalen Kettenschaltungen auch passiert, allerdings gibt es da einen Unterschied: Die stehen permanent unter Spannung, die Rohloff-Züge werden nur gespannt, wenn man schaltet.

Ich stelle mir vor, dass das ständige Spannen/Entspannen bei festeren Zügen zu einer immer wieder wiederholten Verschiebung von einzelnen, relativ starren Litzen gegeneinander genau in dieser Stelle führt (unterschiedliche Biegeradien innen und aussen, wenn Zug aufgebaut wird) und das letztlich zu einem früheren Bruch führt.

Stahlseilkonstruktionen

Die von Georg beigelegten Züge haben einen anderen technischen Aufbau als die Campa- und auch viele andere Schaltzüge. Wenn man sich da reinnerdet, stösst man das Thema Stahlseilkonstruktion. In einem früheren Leben hab ich mal Drahttauwerk für Segelschiffe gespleisst, da wird das sehr augenscheinlich, weil alles viel größer ist:

Übliche Fahrrad-Bowdenzüge haben eine 1×19 Konstruktion, d.h. 19 kleine Drähte bilden gemeinsam verdrillt (geschlagen) das eigentliche Seil . Es gibt auch noch steifere, z.B. 1×7 oder 1×12.

1x19 Konstruktion

Aufgefummelte 1×19 Konstruktion

Die lehnigen Züge haben die Konstruktion 7×7, d.h. 7 sehr viel feinere Litzen werden je zu einem Draht geschlagen, von denen wiederum 7 zusammen zu einem Seil geschlagen werden. Damit werden diese sehr viel weicher, sind besser für enge Radien geeignet und so weiter.

7×7 Konstruktion (nicht komplett aufgebröselt, wenn man sehr stark vergrößert, ist sichtbar, dass jede Litze aus weiteren sehr viel feineren Drähtchen besteht)

Konkret waren das Elvedes 6472RVS-49-SLICK (shift inner cable 7×7 ø1,1 2250mm mit ø4×4 Bommel).

Generell ist Elvedes ne Grosshandels-/Händlermarke, deswegen sind genau diese Züge leider relativ schwer einzeln zu bekommen, aber wenn man sie im Internet findet, sind sie vergleichsweise günstig (ich hab weitere für 3 Euro pro Zug bestellt), gerade finde ich aber keine – Achtung bei der Bezeichnung ohne „49-Slick“ gibts 19×1, nicht 7×7.

Eventuell gibts Elvedes Züge aber über Euren Fahrradhändler, es gibt auch 50iger Packungen – vielleicht legt sich Eure Werkstatt die hin, weil dies auch in anderen Situationen mit engen Radien gute Bowdenzüge abgeben (rostfrei sind sie auch).

Es gibt natürlich auch ähnliche von anderen Herstellern für Endkunden, die sind dann aber deutlich teuer – z.B. von Trickstuff – da steht dann highflex oder sowas drauf, sucht aber trotzdem nach der Seilkonstruktion, darum geht es und nicht um irgendeine geschmeidige Teflon-Nachbehandlung – je größer die erste Zahl und die multiplizierte Zahl ist, desto feiner und damit lehniger sind sie.

Bowdenzüge im Vergleich – die gezeigten Jagwire rechts sind KEINE Highflex-Züge!

Im Einsatz

Bei mir halten diese flexiblen Züge jetzt seit 5.000km, also mehr als doppelt so lange.

Es ist leider sehr schwierig, den Zustand der Züge im montierten Zustand zu beurteilen, weil man da auch bei zurückgezogenem Gummi vom Schaltbremsgriff nichts sieht. Es ist auch nicht möglich, diese zu demontieren und dann erneut zu verwenden, weil die Züge in ihrem Zugblock gequetscht werden und dabei Spliss entwickeln – die bekomme ich dann (falls der Zustand noch gut ist) nicht mehr reingefummelt.

Eigentlich war mein Plan, beim nächsten Ölwechsel der Nabe einfach die Züge mit zu tauschen (eben 5.000km Wartung, Züge tauschen), andererseits will ich schon wissen, wie lange die nun wirklich halten – gerade bin ich bereit, das Risiko, mit gerissenem Schaltzug  irgendwo in der Pampa zu stranden, einzugehen (und ich hab eh nen Ersatzschaltzug dabei, aber die Unterwegsmontage ist kompliziert, weil man nen guten Seitenschneider braucht).

Und ich hatte schon angefangen, nach anderen, z.B. hydraulisch geschalteten Getriebenaben oder auch elektrisch geschalteten Getriebenaben zu gucken – so ein drastischer Schritt ist dann zum Glück doch nicht notwendig.